Medien

Jugendliche erzählen: "Ich und mein Handy"

Immer vernetzt: Für die meisten Schweizer Teenager ist das Handy der treueste Begleiter. Vier Jugendliche erzählen uns von ihrer Beziehung zu ihrem Handy und zeigen, wie unterschiedlich ihr Umgang damit ist.

Louise Liedkte (13): Ihr Leben spielt sich noch grösstenteils offline ab

Louise Liedkte
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Als Louise Liedkte diesen Frühling 13 Jahre alt wurde, hat sich so manches verändert. Sie wurde nicht nur offiziell zum Teenager, sondern erhielt auch die elterliche Erlaubnis, sich auf den sozialen Medien zu registrieren. «TikTok oder WhatsApp interessieren mich aber ehrlich gesagt noch nicht so fest.» Das Leben spielt sich für sie noch grösstenteils offline ab: «An manchen Tagen bin ich fast nicht am Handy, weil ich draussen Fussball spiele oder viele Hausaufgaben zu erledigen habe», erzählt die Schülerin. Zudem haben zwei ihrer Kolleginnen noch gar kein Handy. Praktisch sei das Gerät aber schon: «Jetzt kann ich im Klassenchat fragen, welche Hausaufgaben wir haben.»

Nützliche Informationen

Text: Anne-Sophie Keller

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Text: Anne-Sophie Keller

Sergej Vasiljevic (16) gibt monatlich 100 Franken für das Smartphone aus

Sergej Vasiljevic
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Tage ohne digitale Vernetzung: Für Sergej Vasiljevic aus Wil SG undenkbar. Der 16-Jährige ist derzeit an der Kanti – und ziemlich oft am Handy. Während der Quarantäne waren es täglich achteinhalb Stunden. Sein sonstiger Schnitt sind fünf bis sechs Stunden. Der durchschnittliche Handykonsum der Schweizer Jugendlichen beträgt zweieinhalb Stunden pro Tag; am Wochenende dreieinhalb (Quelle: James-Studie von Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften).

«Es gibt viele Vorurteile gegen Jugendliche und ihre Handysucht. Aber wir machen ja nicht nur Sinnloses! Ich lese viele Artikel über Themen wie Polizeigewalt oder schaue mir Beiträge von Künstlern an, die ich mag. Das hatten ältere Menschen früher nicht.» Der Generationen-Gap ist ziemlich gross: In der Kanti soll ein von der Schulleitung speziell eingerichtetes WLAN den Zugang zu sozialen Medien blockieren. Ohne Erfolg: «Die meisten haben sowieso mobile Daten.» 100 Franken gibt Sergej pro Monat für sein Handy aus. Seine Eltern sind darüber wenig erfreut. «Aber auch sie sind ebenfalls ziemlich oft am Handy», sagt Sergej und schmunzelt.

Ezatullah Noruzzi (19) kann dank des Handys mit seiner Familie sprechen

Ezatullah Noruzzi
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Für Ezatullah Noruzzi (19) ist sein Handy nicht nur ein Zeitvertreib, sondern momentan der einzige Draht zu seiner Familie. Der Afghane ist seit fünf Jahren in der Schweiz, wo er bis zu seiner Volljährigkeit bei einer Pflegefamilie lebte. «Bis ich 16 war, hatte ich kein Handy und konnte teilweise monatelang nicht mit meiner Familie sprechen. Schliesslich hat mir mein Bruder eins geschenkt.» Der Kontakt mit seiner Mutter – sein Vater ist verstorben – und den Verwandten findet täglich statt und erweist sich nicht nur emotional, sondern oft auch technisch als herausfordernd: «Da das Internet in Afghanistan so schlecht ist, funktioniert Facetime nicht so gut. Aber ich schicke und erhalte regelmässig Fotos.» Wie wichtig ein Smartphone für geflüchtete Menschen ist, ist immer wieder ein Politikum. Spätestens die Quarantäne hat aber allen klar gemacht, wie bedeutsam der digitale Draht zu den Liebsten ist, wenn es analog nicht geht. Ezatullah arbeitet heute in einem Zürcher Altersheim, wo er sich um die Grosseltern anderer Familien kümmert.

Meret Zoé Messmer (15) war schon TikTok-Vorreiterin

Meret Zoé Messmer
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Während die einen in ihrem Alter erst ein Handy bekommen, ist Meret Zoé Messmer mit 15 Jahren schon ein Ex-Social-Media- Sternchen: Vor drei Jahren baute die Gymnasiastin mit einer Freundin einen Account auf musical.ly auf: «Meret & Sophie» drehten auf der App, die heute TikTok heisst, karaokeähnliche Filmchen mit eigenen Choreografien. Nach drei Monaten hatten sie bereits 5000 Follower und bis zu 200 000 Aufrufe ihrer Videos. Dann war Schluss: Die App wurde zu TikTok, einer Plattform für lustige Internetbilder, woran die Teenager kein Interesse mehr hatten. «Zudem wäre es mit der Schule ein Riesenstress geworden. Mein iPhone hat eine grosse Bedeutung für mich», sagt sie aber noch immer. «Man hat alles dort! Und es ist der einfachste Weg, um mit meinen Kolleginnen zu kommunizieren.» Und dies wird via Snapchat getan. Dort hat Meret einen sogenannten Snapscore von 227 000. Das bedeutet: Sie hat in vier Jahren eine Viertelmillion Snaps verschickt oder erhalten. Ob sie auch mal Pause macht? «Absolut. Am Abend muss ich mein Handy abgeben. Und wenn wir im Freundeskreis etwas machen und jemand die ganze Zeit am Handy hängt, sagen wir auch etwas. Sonst müssen wir uns ja erst gar nicht treffen.»

Fotos: Gabi Vogt

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