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So steigerst du die Lust am Lesen deines Kindes

Wenn Kinder ungern oder schlecht lesen, kann das Eltern beunruhigen. Lerncoach Stefanie Rietzler gibt Tipps und Antworten auf die drängendsten Fragen.

Mein Kind kann erst seinen eigenen Namen lesen. Andere im Kindergarten können schon etwas lesen und schreiben. Sollte ich mein Kind in den Sommerferien ans Lesen heranführen?

Vor allem in Akademikerkreisen möchten viele Eltern, dass ihr Kind bereits im Kindergarten lesen und schreiben lernt. Sie denken, dass es so einen besseren Start in der Schule hat. Die Forschung zeigt, dass dieser Vorsprung nicht nachhaltig sein muss: Kinder, die zum Schulstart noch nicht lesen und schreiben können, holen meist schnell auf.

Forcieren Eltern den Schulstoff der 1. Klasse bereits im Kindergarten, denken ihre Kinder in der Schule nicht selten: «das kann ich schon» und klinken sich aus. So entwickelt sich keine gute Arbeitshaltung. Eltern sollten sich nicht als Hilfslehrer verstehen. Zeigt ein Kind jedoch bereits im Chindsgi ein grosses Interesse an Buchstaben und Zahlen, dann sollten Eltern seine Freude auch nicht bremsen. Hier gilt es, ehrlich zu sich zu sein: ist das Kind wirklich von sich aus interessiert oder geht es um die eigenen Leistungsanforderungen?

Am besten unterstützen Eltern ihre Kinder zum Schulstart, indem sie Anekdoten aus der eigenen Schulzeit erzählen, Bücher zur Schule gemeinsam anschauen und die Vorfreude wecken.  

In der 1. Klasse lernen manche Kinder Lesen mit Mundbildern. Jeder Laut des Alphabets wird also bildlich dargestellt. Muss ich mir das aneignen, um mein Kind unterstützen zu können?

In der Schweiz gibt es eine Vielzahl von Methoden, mit denen Kindern das Lesen beigebracht wird. Es ist nicht nötig, dass Eltern sich hier einarbeiten. Sie sollten aber auch nicht vorschnell korrigierend eingreifen, sonst verwirren oder demotiveren sie ihr Kind. Heute sagen Kinder beispielsweise «B» für den Buchstaben B und nicht wie früher «Be». Lesen lernen ist ein langer Prozess: Erst prägen sich Kinder Buchstaben ein und lernen, welche Laute dahinterstecken.  Dann beginnen sie mehrere Buchstaben zusammenzuschleifen. Mit der Zeit werden die Bausteine immer grösser und sie erkennen Wörter auf den ersten Blick. Kinder lesen zu Beginn sehr langsam und verstehen anfangs noch nicht, was sie lesen. Das ist ganz normal. Eltern unterstützen ihre Kinder am besten, wenn sie ihnen weiterhin vorlesen, sich hie und da kleine Passagen vorlesen lassen und über die Geschichten plaudern. So kann die Liebe zu Büchern entfacht werden. 

Wie kann ich mein wenig lesefreudiges Kind motivieren?

Das Wichtigste ist, dass das Lesen für das Kind zu einer positiven Erfahrung wird. Hie und da ein Kompliment tut gut. Wie: «Du liest schon flüssiger / schneller.» oder: «Es war schön, dir zuzuhören.» Wenn das Kind einverstanden ist, könnte die Mama oder der Papa es beim Lesen filmen und ihm diese Aufnahme zwei Monate später wieder zeigen. Dann merkt es selbst: «Wow! Ich bin besser geworden.» 

So ist Lesen lustvoll

  • Haben Bücher in der Familie einen festen Platz, ist die Chance höher, dass Kinder auch gerne lesen. Sehen Kinder, wie ihre Eltern lesen, tun sie es ihnen oft gleich. Und dennoch gilt: nicht immer nehmen die Kinder die Liebe der Eltern zu Büchern auf. 
  • Eltern sollten bereits im Vorschulalter mit Kindern in Geschichten eintauchen: gemeinsam Bücher anschauen, Geschichten erzählen, über Figuren sprechen. 
  • Eine gemütliche Leseecke einrichten. 
  • Erhält ein Kind ein neues Bücherregal, kann dieses feierlich eingeweiht werden. 
  • Ein Leseritual für die ganze Familie gestalten: zB gemeinsam jeden Tag eine halbe Stunde auf dem Sofa sitzen, lesen und dazu Tee trinken. 
  • Statt «lesen üben» dem Stofftier oder dem kleinen Bruder vorlesen. 
  • Gemeinsam in die Bibliothek gehen. 
  • Jüngeren Kindern zeigen, dass ihnen Lesen einen Zugang zur Welt verschafft: gemeinsam die Schilder im Bahnhof lesen oder bei den Regalen im Supermarkt lesen, was wo zu finden ist.
  • Bei älteren Kindern lohnt es sich, die Untertitel beim Serienschauen einzublenden. So lesen sie mit, ohne es zu merken.  

Mein Kind hat noch in der 3./4. Klasse Mühe mit Lesen und findet es sehr anstrengend. Wie kann ich helfen?

Bei vielen Kindern ist Lesen erst in der 4. Klasse voll automatisiert. Sind Eltern unsicher, ob ihr Kind mehr Unterstützung braucht, sollten sie das Gespräch mit der Lehrperson suchen. Manchmal findet sich bei einer Abklärung die Ursache: Ein Kind schielt versteckt oder bräuchte eine Brille oder es hat eine Lesestörung. Manchmal ist das Kind einfach noch auf einer tieferen Lesestufe: Überfordert der Lesestoff ein Kind, wird es anstrengend und die Lust am Lesen geht verloren. Braucht ein Kind mehr Übung, können Eltern über den idealen Zeitpunkt nachdenken. Vielleicht könnten sie jeweils 10 Minuten gemeinsam lesen, wenn das Kind ohnehin ins Bett muss. Darf es fürs Lesen etwas länger aufbleiben, kann das motivieren. Auch eine gemütliche Atmosphäre ist wichtig. Eltern und Kind können sich beim Lesen abwechseln, vielleicht lesen die Eltern den Abschnitt des Kindes nochmals selbst vor. Viele Kinder finden das schön, auch weil sie dann nichts von der Geschichte verpassen. Ganz wichtig: Ein Buch muss dem Interesse eines Kindes entsprechen und nicht zwingend pädagogisch wertvoll sein. Vielleicht gefallen ihm Star-Wars-Geschichten ein Pferdeheftchen oder Greggs Tagebuch?  

Drei Lese-Apps

Lesestart zum Lesenlernen 4+
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Lesestart zum Lesenlernen

Ein kleines Känguruh will mit seiner Mama Bücher in der Bibliothek ausleihen. Aber ein Wirbelsturm bringt Chaos in seine Bücher. Gemeinsam mit dem Känguruh erlebt das Kind Geschichten, die zum Lesen einladen.

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Der kleine Drache Kokosnuss – Lernspa‪ß‬
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Der kleine Drache Kokosnuss – Lernspaß

Zusammen mit dem beliebten Drachen Kokosnuss lernen die Kinder in mehreren Geschichten lesen.

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Lifeline
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Lifeline...

In der App «Lifeline» betreut der Spieler den gestrandeten Raumfahrer Taylor, der immer wieder vor neuen Problemen steht, so ganz allein auf einem fremden Mond.

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Wie viel Üben ist sinnvoll?

Eine Studie mit Fünftklässlern zeigt, dass Kinder, die gerne und gut lesen, sich rund eineinhalb Stunden täglich freiwillig in Bücher vertiefen. Solche, denen lesen schwerfällt, verbringen weniger als eine Minute täglich damit. Wichtig ist, dass Eltern Kinder nicht zwingen, bis zur totalen Erschöpfung lesen zu üben. Denn wir verbinden immer das letzte Gefühl, das wir bei einer Tätigkeit verspürten, mit dieser Tätigkeit. Wird beim Üben übertrieben, speichern die Kinder ab, dass Lesen mühsam ist.  

Mein Sohn hat ganze Romane verschlungen, seit der 4. Klasse interessieren ihn nur noch Comics.

Nach dem 11. Geburtstag gibt es bei vielen Kindern, die gern gelesen haben, einen Leseknick, mit 14 Jahren folgt laut Studien ein weiterer. Dann liest nur noch etwa jeder dritte Jugendliche freiwillig regelmässig. Das hat manchmal auch damit zu tun, dass die Jungen und Mädchen für die Schule sehr viel lesen müssen. Viele finden aber nach 16 wieder zurück zum Lesen. Comics oder Mangas sind nicht schlechtere Literatur. Es ist toll, wenn Kinder einen Zugang zu Büchern finden, egal welchen.  

Punkte & Popcorn sammeln

Mit Antolin können Kinder Fragen zu Büchern beantworten und Punkte sammeln.

Popcorn lesen: pro 20 Minuten lesen gibt es einen Löffel Popcorn. Ist die Dose voll, schaut man gemeinsam einen Film und geniesst dazu das Popcorn.

 

Foto: Getty Images

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