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Was Kinder beim Gamen lernen können

Digitale Spiele haben nicht den besten Ruf und ziehen den Nachwuchs doch magisch an. Welche positiven Aspekte gibt es eigentlich dabei?

Gamen ist nicht besonders gut angesehen. Zumindest nicht bei Eltern, deren Nachwuchs stundenlang am Smartphone hängt oder in der Stube an Konsolen. Dabei sind elektronische Spiele längst fester Bestandteil der Lebenswirklichkeit von Kindern und Jugendlichen. «Games bringen zwar auch Frustpotential mit sich, machen aber Spass», findet Daniel Betschart. Zudem seien sie ein Kulturgut. So finden sich Figuren des Spiels Mincecraft mittlerweile als Lego-Sets oder auf Armbanduhren. Betschart ist Mitbegründer von Gameinfo – einem Projekt, das Weiterbildungen für den Umgang mit Games anbietet. Zwar gibt es immer wieder Untersuchungen, die auf positive Effekte hinweisen und etwa zeigen, dass Gamen die Lesefähigkeit fördert. Doch gerade in Familien dürfe gern mehr über die guten Seiten von digitalen Spielen gesprochen werden, findet Betschart, «denn die gibt es».

Nützliche Informationen

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Welche Fertigkeiten lassen sich beim Gamen tatsächlich aneignen?

Schnelle Reaktion

Wer gamt muss zwischen Bildschirm und Controller hin und her switchen und schult dabei seine Hand-Augen-Koordination. Man wird fingerfertiger und verbessert die Reaktionsschnelligkeit.

Rasches Entscheiden

Viele Spiele fördern räumliches Vorstellungsvermögen und schnelles Entscheiden. Auch Problemlösungsstrategien erkennen Vielspielende rascher. «Wer sich mit Entscheiden schwer tut, kann dies beim Gamen üben», sagt Betschart augenzwinkernd.

Fremdsprachenkenntnisse

Die meisten Games lassen sich heute online spielen, vernetzt mit anderen Spieler*innen aus der ganzen Welt. Als das Online-Mehrspieler-Game Among Us auf den Markt kam verbesserten sich die Englischkenntnisse mancher Jugendlichen schlagartig. «Natürlich muss man nicht Gamen, um Englisch zu lernen», schränkt Betschart ein. «Aber man kann sich so auf lustvolle Weise viel aneignen.»

Historisches Wissen

Dasselbe gilt auch für Wissen über Epochen, Weltkriege und Co., das Spieler*innen bei strategischen Spielen aufschnappen, wie etwa bei Civilisation oder Assassin’s Creed.

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Soziale Fähigkeiten

Gleichzeitig lässt sich beim Gamen entsprechender Spiele der Umgang mit Sieg und Niederlage üben sowie Durchhaltewillen. «Es kann aber auch eine Überforderung sein, wenn etwa bei Fortnite von 100 Spielenden nur ein Gewinner übrig bleibt», schränkt Betschart ein. «Ist das Kind noch nicht reif genug dafür, ist Frust vorprogrammiert».

In andere Rollen schlüpfen

Daneben bieten elektronische Spiele die Chance, sich in anderen Kontexten zu erleben. «Gerade für Heranwachsende kann das ein tolles Experimentierfeld sein», findet Betschart, «weil ich als Bub auch mal in weibliche Rolle schlüpfen kann und umgekehrt». Überhaupt seien digitale Räume für Jugendliche auch deshalb so spannend, weil sie dort nicht permanent von Erwachsenen beobachtet werden, was natürlich Vor- und Nachteile hat.

Soziale Interaktionen

Games oder andere digitale Medien ersetzen natürlich nicht den echten, analogen zwischenmenschlichen Kontakt. Aber auch hier werden soziale Interaktionen zwischen Kindern und Jugendlichen hergestellten – oft sogar ohne Vorurteile, weil es egal ist, aus welchem Umfeld die Mitspieler*innen stammen. FIFA oder Mario Kart zusammen zocken geht immer.

Positiver Nebeneffekt für Erwachsene

«Zeige ich als Elternteil oder Fachperson Interesse am Gamen, bin ich offen und interessiert, finde ich leichter Zugang zum Nachwuchs», ist Betscharts Erfahrung. Generell gelte: «Keine Fertigkeit kann allein durchs Gamen gelernt werden. Aber beim Spielen lassen sich leicht Dinge aufschnappen, die ich mir sonst anderswo aneignen müsste».

Tipps: Wie mit gamendem Nachwuchs umgehen?

  • Früher oder später kommen alle mit elektronischen Spielen in Berührung. Am besten nicht generell verbieten – sonst flüchtet sich das Kind zu Kollegen und spielt dort. Als Eltern lieber offen sein, Interesse zeigen und als Gesprächspartner zur Verfügung stehen. Aber auch kritisch bleiben, Bedenken äussern und gute Alternativen zur Bildschirmzeit bieten.
  • Medienzeit beschränken ist in jedem Alter sinnvoll. Dabei als Eltern das Kind begleiten, Orientierung bieten und sich selbst aktiv mit den Spielen auseinander setzen.
  • Sich bewusst sein: Altersgrenzen haben meist ihren Grund. Die meisten Spiele wurden von Erwachsenen für Erwachsene entwickelt – nicht für Kinder.
  • Sich über die Games informieren, mit denen das Kind spielen will, z.B. über www.twitch.tv oder www.spieleratgeber-nrw.de

Weitere Infos sowie Weiterbildungen für Eltern und Sozialarbeitende im Umgang mit Games: www.gameinfo.info

Foto: Getty Images

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