Babys zweites Jahr

Vorlesen ist mehr, als einfach eine Geschichte zu erzählen

Bücher begeistern schon die ganz Kleinen mit ihren interessanten Bildern und fröhlichen Farben. Schon kleine Kinder freuen sich darum darüber, wenn man ihnen vorliest. Das macht nicht nur Spass – es erweitert den Horizont und fördert den Wortschatz. Das solltest du beachten, wenn du deinem Kind vorliest.

Nützliche Informationen

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Das Wichtigste in Kürze

  • Vorlesen öffnet nicht nur Lebens-, sondern auch Fantasiewelten.
  • Wimmel- und Bilderbücher oder Klappbücher machen kleinen Kindern besonders viel Spass.
  • Vorlesen heisst auch: miteinander sprechen!
  • Welches Buch passt? Im Kleinkind-Alter ist es wichtig, dass die Handlung und die Figuren der Geschichten übersichtlich sind.

«Bu», sagt Lena, wenn Mama oder Papa vorlesen soll. Dann zieht sie ihre Eltern zum Sofa und klettert auf ihren Schoss. Als das Buch aufgeschlagen ist, ruft Lena «Ante» und zeigt begeistert auf die watschelnde Ente. Wie gemütlich es ist, sich gemeinsam auf das Sofa kuscheln und ein Buch durchzublättern! Aber das ist noch lange nicht alles: Wer in der Familie viel vorgelesen bekommt, lernt dabei auch automatisch viel.

Warum Vorlesen für Kinder so wichtig ist

Bücher erweitern den Horizont. So können sich Kinder zum Beispiel ein Bild von Giraffen und Löwen machen, selbst wenn sie die Tiere noch nie leibhaftig im Zoo gesehen haben. Doch lesen öffnet nicht nur Lebens-, sondern auch Fantasiewelten. «Durch die Erfahrung mit Büchern lernt das Kind, Zusammenhänge zu erkennen und Abläufe zu verstehen », so die diplomierte Logopädin Sabrina Disabato, die zusammen mit ihrer Kollegin Ann-Sabine Künzler die Website kindersprache.ch betreibt. Die Erfahrung, dass Bilder und Schrift Geschichten vermitteln, sei von grosser Bedeutung für das spätere Lese -und Schreibverhalten.

Vorlesen ist ein Erlebnis, das Spass machen soll

Manchmal haben Eltern eine andere Vorstellung vom Vorlesen als ihr Kind. Sie wollen eine Geschichte vortragen. Das Kind will aber nicht einfach vorgelesen bekommen, es will mitmachen: Es greift in das Buch, versucht, Seiten umzublättern, spricht dazwischen. Das ist kein Grund für Streit. Vielleicht interessiert sich das Kind jetzt einfach mehr dafür, wie sich die Seiten wenden lassen. Auch das will geübt sein. Wichtig ist, niemals Zwang beim Lesen auszuüben. Vorlesen soll deinem Kind Spass machen.

Welche Kinderbücher eignen sich besonders? «Im Alter von ein bis zwei Jahren wecken kontrastreiche Bilder- und Wimmelbücher besonders das Interesse beim Kind», weiss Sabrina Disabato. «Kinder finden auch Klappbücher lustig, weil sie darin ständig neue Sachen entdecken.» Das Betrachten eines Bilderbuches biete zudem eine gute Möglichkeit, Gesprächsregeln, wie den Wechsel zwischen Zuhören und Erzählen, zu lernen.

Wie Eltern das Kind beim Vorlesen einbeziehen

Familien, die Kinder zum gemeinsamen Bücher anschauen motivieren möchten, beziehen es im besten Fall mit ein. «Hey, schau mal, hast du die Ente gesehen, was macht die denn?» - « Und was haben wir hier? Genau, einen Frosch. Der Frosch quakt laut und ist grün!» Wer? Was?, Warum? Wie? Wann? Wo? Die Bezugsperson solle offene Fragen stellen und keine, bei der das Kind nur mit «ja» und «nein» antworten kann. «Oh, der Frosch sitzt auf einem Stein, was denkst du, wohin er als nächstes hüpft?» Sabrina Disabato: «Möglich ist auch, dass das Kind auf einen Gegenstand zeigt und der Erwachsene ihn benennt und in einfachen Sätzen erklärt oder einen Bezug zur Realität herstellt.»

Gut für Wortschatz und Grammatik

Wenn sie vorlesen oder über Geschichten sprechen, passen sich Erwachsene intuitiv dem Entwicklungsstand des zuhörenden Kindes an. «Die Sprechgeschwindigkeit ist langsam und die Aussprache deutlich. Die Stimme wird melodischer und heller.» Aus der Geschichte, die du so vorliest, kann der Nachwuchs übrigens viele neue Wörter für sich entdecken. Auch die Grammatik werde gefördert, wenn die Eltern die kindliche Äusserung korrekt wiederholen. Sabrina Disabato nennt ein Beispiel: Das Kind sagt: «Mamma, Kuh Wiese!» Eltern sollten nun erwidern: «Richtig, die Kuh ist auf der Wiese!».

Kleine Geschichten

Neben reinen Bilderbüchern können eineinhalbjährige Kinder schon einfache Geschichten mit vielen Wiederholungen verstehen. «Besonders hoch ist das Interesse, wenn die Bücher ein Thema behandeln, das sie aus ihrem Alltag kennen», sagt Sabrina Disabato. Oft ist es Kindern am liebsten, wenn zum Lieblingsbuch immer der gleiche Dialog geführt wird, immer dieselben Worte fallen. Kinder lieben die Wiederholung. Voller Spannung warten sie auf ein Wort, das sie dann mitsprechen können. Das Kind braucht die Wiederholung, um sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen. Es verinnerlicht Zusammenhänge.

Übersichtliche Handlung

Bilderbücher müssen gefallen. Das beste Bilderbuch ist also das, das ein Kind gerne vorgelesen bekommt und selbst interessiert anschaut. Wichtig ist, dass die Geschichten übersichtlich sind. Nur wenige Figuren sollten darin vorkommen. Schön, wenn Geschichten auch Humorvolles enthalten, sodass Eltern und Kinder zwischendurch gemeinsam lachen können.

Was Eltern beachten sollten

  • Bücher sind für Kinder da: Kleine Kinder können natürlich noch nicht ordentlich mit Büchern umgehen. Das müssen sie auch nicht. Eselsohren wird es geben. Wichtiger als ein ordentliches Buch ist, die Freude am Lesen und Entdecken zu wecken. Pappbücher sind darum für Kinder im zweiten Lebensjahr die beste Option.
  • Der richtige Zeitpunkt: Gerade angefangen und schon wird das Buch zur Seite geschoben? Kein Problem. Wenn das Kind lieber spielen möchte, macht das Vorlesen keinen Sinn. Sicher finden sich bessere Gelegenheiten zum Buch anschauen.

Vorlesen heisst auch: Nähe spüren

Selber Bücher zu betrachten oder von den Eltern vorgelesen bekommen, setzt wichtige Impulse für Kinder. Und es bringt dich und dein Kind näher zusammen – im wahrsten Sinne des Wortes. «Beim gemeinsamen Betrachten eines Bilderbuches oder beim Vorlesen sind das Kind und der Erwachsene nahe beieinander», sagt Sabrina Disabato. «Das Kind spürt Vertrautheit und Wärme – optimale Bedingungen, die Aufmerksamkeit gemeinsam auf das Buch zu richten und kleine Geschichten gemeinsam zu erleben.»

Mehr lesen übers Vorlesen

Das Zentrum Lesen am Institut Forschung und Entwicklung der Pädagogischen Hochschule FHNW kürt regelmässig ein Kinderbuch des Monats. Ausserdem präsentiert es in jedem Jahr eine Empfehlungsliste mit besonders lesenswerten Büchern. Das Schweizerische Institut für Kinder- und Jugendmedien (SIKJM) organisiert nicht nur jedes Jahr einen Vorlesetag. Es veröffentlicht auch praktische Tipps rund ums Vorlesen.

Foto: Getty Images

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