Hilfe, mein Kind will ein Handy
Spätestens ab der 5. oder 6. Klasse wünschen sich viele Kinder ein eigenes Smartphone. Doch wann ist der richtige Zeitpunkt? Und wie lassen sich Risiken wie Cybermobbing oder exzessive Nutzung vermeiden? Famigros beantwortet die wichtigsten Fragen.
Für Klassenchats, zum Abmachen mit Freundinnen und Freunden, für Spotify, YouTube oder Games: Früher oder später wünscht sich fast jedes Kind ein eigenes Handy. Laut einer repräsentativen Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) aus dem Jahr 2023 besitzt fast jedes zweite Kind zwischen 6 und 13 Jahren ein eigenes Smartphone. Heute dürften es noch mehr sein. Doch auch wenn das Kind ein Handy bekommt, ist es Sache der Eltern, dieses sicher zu machen und die Bildschirmzeit zu kontrollieren.
1. Ab wann ist ein eigenes Handy sinnvoll?
Ein richtiges Alter dafür gibt es nicht, jedes Kind ist anders. Entscheidend ist nicht das Geburtsdatum, sondern ob ein Kind bereits in der Lage ist, verantwortungsvoll mit dem Gerät umzugehen, Regeln zu verstehen und einzuhalten, und sich bei Problemen Hilfe zu holen. Laut der Plattform «Jugend und Medien» fällt all das Kindern unter neun Jahren in der Regel noch schwer. Ab dann kommt es auf die individuelle Reife und die Begleitung der Eltern an.
2. Ist gar kein Handy eine Lösung?
Bis zu einem gewissen Alter (untere Primarstufe) ist kein Handy eine gute Lösung. Doch sobald Ihr Kind das einzige in der Klasse ist, das nicht im Klassenchat vertreten ist, kann das zu sozialer Ausgrenzung führen – auch weil spontane Verabredungen fast nur noch über das Handy laufen. Besser als ein kategorisches Nein ist ein stufenweiser Einstieg: zum Beispiel mit einem einfachen Handy ohne mobiles Internet. So bleibt dein Kind erreichbar und kann SMS verschicken – aber ist noch nicht vollständig im Netz unterwegs.
3. Wie viel Bildschirmzeit ist okay?
Die Suchtberatung des Kantons Aargau empfiehlt für Kinder im Alter von 10 bis 12 Jahren eine tägliche Bildschirmzeit von rund 90 Minuten oder 10 Stunden pro Woche. Für Kindergartenkinder und Kinder der Unterstufe rät Pro Juventute zu deutlich weniger: 30 bis maximal 60 Minuten pro Tag sollten nicht überschritten werden.
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Text: Reto Vogt
4. Welche Funktionen kann ich einschränken?
Eltern können die Nutzung mit technischen Hilfsmitteln begrenzen – zum Beispiel mit der App «Family Link» für Android-Geräte. Damit lassen sich Zeitlimiten für bestimmte Apps und Spiele festlegen oder die Nutzung des Smartphones zu bestimmten Zeiten ganz blockieren. Auch einzelne Internetseiten können gesperrt werden. Haben Eltern und Kinder ein Apple-Gerät, lassen sich die Einstellungen, wie Bildschirmzeit oder Apps leicht über die "Familienfreigabe " regeln. Dafür unter "Einstellungen" auf "Familie" tippen und das Kindergerät hinzufügen. Wichtig ist, diese Einschränkungen gemeinsam mit dem Kind zu besprechen und zu begründen – so werden Regeln eher akzeptiert und verstanden.
5. Welche Apps sind problematisch – und warum?
Die Nutzung von Social-Media-Plattformen wie TikTok, Snapchat oder Instagram ist für Kinder unter 13 Jahren offiziell nicht erlaubt. Zwar wird das Alter bei der Anmeldung selten wirksam geprüft, trotzdem ist es empfehlenswert, sich an diese Altersgrenze zu halten. Die Inhalte – aber auch der Umgangston – können verstörend oder überfordernd wirken. Zudem besteht bei vielen dieser Apps eine hohe Suchtgefahr. Auch vermeintlich harmlose Apps wie YouTube oder Spotify bergen Risiken: Auf YouTube gelangen Kinder leicht an ungeeignete Inhalte. Und bei Spotify ist vielen nicht bewusst, dass dort auch Videoformate verfügbar sind – nicht alle davon sind kindgerecht.
6. Was ist mit Whatsapp?
Auch für WhatsApp gilt laut den Nutzungsbedingungen ein Mindestalter von 13 Jahren – an das sich in der Praxis aber kaum jemand hält. Trotzdem lohnt es sich, über Alternativen wie Signal oder Threema nachzudenken. Beide stammen von Schweizer Unternehmen und gelten in puncto Datenschutz als sicherer. Zudem hat WhatsApp neu einen KI-Chatbot integriert. Für Kinder ist dieser nicht geeignet – er kann unpassende Inhalte liefern und zusätzlich stark ablenken.
7. Welche Gefahren drohen im Netz und wie begleite ich mein Kind?
Unabhängig von konkreten Gefahren ist es entscheidend, dass Eltern ihre Kinder bei der Handynutzung eng begleiten und sich dafür interessieren, was sie mit dem Gerät tun. Ebenso wichtig ist es, klare Regeln zu vereinbaren und gemeinsam Eckpunkte festzulegen: Welche Apps sind erlaubt? Wie lange darf gespielt oder gesurft werden? Und was darf im Klassenchat oder auf Social Media geteilt werden? Zu den häufigsten Risiken, die je nach App-Nutzung thematisiert werden sollten, zählen Cybermobbing, sexuelle Belästigung (Grooming), Kostenfallen in Spielen oder Apps sowie der sorglose Umgang mit persönlichen Daten.
Problematische Handynutzung erkennen
Wenn Kinder sich zurückziehen, ständig müde sind, nachts heimlich am Handy oder Tablet sind oder schnell gereizt reagieren, kann das ein Hinweis auf übermässige Handynutzung sein. Wichtig ist dann nicht mit Verboten zu reagieren, sondern das Gespräch zu suchen: Eltern sollten interessiert nachfragen – ohne Vorwürfe. Es ist wichtig, dass die Kinder wissen, dass sie alles erzählen. Bleib im Austausch und vereinbare gemeinsam Regeln, bei Bedarf auch strengere. Technische Hilfsmittel wie klare Zeitlimits können unterstützen (siehe Frage 4), sind aber kein Ersatz für Vertrauen und Präsenz.
Eine hilfreiche Anlaufstelle bei Fragen zur Mediennutzung ist die Elternberatung von Pro Juventute. Mehr Infos findest du unter www.projuventute.ch/eltern, Rubrik «Medien & Internet».
Nützliche Gadgets fürs erste Handy
Foto: Getty Images
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