Baby-led Weaning: Wenn Babys keinen Brei, sondern feste Nahrung essen
Für gewöhnlich bekommen Babys ab dem fünften oder sechsten Monat erste Breimahlzeiten. Doch ein neuer Trend macht sich breit: Baby-led Weaning, Fingerfood für Babys.
Nützliche Informationen
Das Wichtigste in Kürze:
- Kinderärzte warnen vor einem Eisenmangel bei Babys, die sich nach der Baby-led Weaning Methode (BLW) ernähren.
- Befürworter argumentieren, das Kind wisse, welche Nährstoffe es zu sich nehmen müsse.
- Eltern sollten bei der BLW Methode die Gewichtsentwicklung ihres Kindes immer im Blick haben.
Es ist bekannt und bewährt: Mütter geben ihrem Säugling für gewöhnlich ab dem sechsten Monat nicht nur die Brust, sondern füttern ihm auch Brei zu. Weitere sechs Monate später kommt in der Regel nach und nach festes Essen mit auf den Speiseplan. Doch seit einigen Jahren folgen manche Mütter einem anderen Ablauf. Sie stillen ab, indem sie ihr Kind entscheiden lassen, was es wann zu sich nehmen möchte. Eine Nudel? Ein Stück gekochte Karotte? Ein kleines Stück Apfel? Ein Stück Fleisch sogar? Und das nicht erst nach 12 Monaten. Nach was auch immer das Baby mit seiner Hand greift und sich in den Mund stopft, das soll ihm guttun. Püree ist out, «Baby-led Weaning» ist in.
Anhänger dieses neueren Ernährungstrends für Babys, zu Deutsch «Baby-gesteuertes Abstillen», gehen davon aus, dass Säuglinge schon im ersten Lebensjahr mit Hilfe ihrer Instinkte selbst wissen, welche Nährstoffe sie benötigen und dann zu den entsprechenden Nahrungsmitteln greifen. Nur der Rest-Hunger wird noch mit Schoppen- oder Muttermilch gedeckt. Diese Methode wurde von Gill Rapley, einer britischen Gesundheitsberaterin formuliert. Rapley meint beobachtet zu haben, dass Babys im ersten Lebensjahr lieber das essen, was der Rest der Familie isst. Sie würden so schon früh ein gesundes Essverhalten lernen.
BLW und Stillen – Wann mit der Beikost beginnen?
Brei oder Fingerfood neben der Milch? Oder eine Kombination aus beidem? Wofür auch immer sich Mütter entscheiden. Auf jeden Fall gilt: Nicht vor dem Beginn des fünften Monats mit der Beikost beginnen! Die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) lautet, einen Säugling in den ersten sechs Monaten ausschliesslich zu stillen, besser noch länger. Muttermilch ist für einen Säugling immer noch die beste Nahrung. Sie ist am leichtesten verdaulich und enthält Inhaltsstoffe, die gegen Bakterien wirken, Entzündungen hemmen und das Immunsystem des Babys stärken. Das Risiko für langfristig gestillte Kinder später übergewichtig zu werden oder Allergien zu entwickeln ist geringer. Und sie leiden später seltener an Diabetes Typ 2. Auch für Mütter sinkt das Risiko an bestimmten Krebsarten zu erkranken. Eine Empfehlung, wann es letztlich Zeit ist abzustillen, gibt es nicht. Das bleibt eine individuelle Entscheidung von Mutter und Kind.
5 Regeln für die Baby-led Weaning-Methode:
- Das Baby sollte deutliches Interesse an Nahrungsmitteln zeigen und diese selbst zum Mund führen können.
- Der Säugling sollte mit wenig Unterstützung beziehungsweise fast eigenständig sitzen können.
- Der Zungenstreckreflex (mit dem feste Nahrung aus dem Mund ausgespuckt wird) sollte verschwunden oder stark vermindert sein.
- Nahrungsmittel sollten klein geschnitten sein.
- Es sollte eine grosse Auswahl an Nahrungsmitteln geben. Gemüse wie Brokkoli, Kohlrabi und Kartoffeln bieten eine gute Grundlage. Fertiggerichte, Fisch mit Gräten oder auch Honig – der vor dem vollendeten ersten Lebensjahr für alle Babys tabu ist – eignen sich nicht. Und es gilt: Salz- und Zuckersätze sind nicht nötig.
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Baby-led Weaning in der Kritik
Beikost auf diese Weise einführen ruft Kritiker auf den Plan. Die Deutsche Fachgesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) zum Beispiel rät komplett von BLW ab. Die sogenannten Fingerfood-Babys würden unter Umständen keine ausgewogene Ernährung erhalten, wenn sie nur etwas auf den ihnen angebotenen Happen herumlutschten, heisst es aus den Reihen der Kinderärzte. Sie warnen: Es könne zum Beispiel ein Eisenmangel entstehen, da der Eisenspeicher kurze Zeit nach dem Abstillen leer sei und dringend aufgefüllt werden müsse.
Nur an einem Stückchen Fleisch zu saugen, reiche da nicht aus. Eisen ist unverzichtbar für ein gesundes Wachstum. Es steckt nicht nur in Gemüse und Fleisch, sondern auch in Getreide wie Hirse oder Hafer. Und das liesse sich von Babys nunmal nur risikolos in einem Brei aufnehmen. Und was, wenn ein Kind motorisch noch nicht so fit sei, dass es sich schon selbst ein Stück Gurke oder ein Röschen Brokkoli mit der Hand in den Mund schieben kann?
Bleiben ihm diese Nährstoffe dann nicht versagt, ohne dass es die Mutter merkt, weil die ja davon ausgeht, dass das Kind schon das essen würde, was für es wichtig ist? Auch die Gefahr sich zu verschlucken, sei für ein Fingerfood-Baby grösser als für eines, das anfangs nur vorwiegend mit Brei-Beikost ernährt wird.
Die Befürworter der BLW Methode
Andererseits halten Befürworter von Baby-led Weaning, wie zum Beispiel die Journalistin Nora Imlau dagegen: «Babys haben ein angeborenes gesundes Gefühl dafür, wann sie feste Kost brauchen und welche Lebensmittel ihnen in welcher Menge gut tun», schreibt sie auf ihrer Facebook-Seite. Zudem beinhalte die Methode ja, dass die Mutter in Bezug auf die Ernährung stets auf die Signale ihres Säuglings achte. Ausserdem würde das Baby regelmässig gewogen. Die Mütter würden früh genug erkennen, falls sich die Tendenz eines Untergewichts ihrer Kinder andeute. Es gebe also keinen Grund zur Panik. Imlau propagiert, eher auf die Qualität der Lebensmittel zu achten als auf die Konsistenz, in der sie dargereicht werden. Fingerfood-Babys könnten schlecht ernährt werden, wenn es sich um qualitativ minderwertige Nahrungsmittel handelt, aber auch Brei-Beikost-Babys.
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