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Freunde finden: Wie findet mein Kind Anschluss?

Wie wichtig sind Freunde für Kinder? Wie findet man überhaupt Freunde? Und was tun, wenn man sich als Eltern Sorgen macht, dass das eigene Kind keinen Anschluss findet? Famigros fragt nach bei der Pädagogin Anna Noss.

Nützliche Informationen

Text: Steffi Hidber

Anna Noss

Pädagogin

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Text: Steffi Hidber

Anna Noss

Pädagogin

Erst mal die Frage: Sind Freunde für jedes Kind wichtig?

Die kurze Antwort? Nein. (lacht). Das hängt von der Altersstufe ab, aber da sind Kinder in ihrer Entwicklung extrem verschieden. Ein siebenjähriges Kind kann vom Wesen her wie ein neunjähriges sein – und umgekehrt. Allgemein gesagt sind Freunde für Kinder unter sieben Jahren gar nicht besonders wichtig, sondern vielmehr Spielgefährten.

Also gibt es für kleinere Kinder das Konzept von Freunden noch gar nicht wirklich?

Nein, sie spielen dann mehr für sich. Werden sie älter, spielen sie auch gerne mit anderen Kindern, etwa in Rollenspielen. Aber da nimmt man einfach die, die gerade da sind, oder die, die man eben mag. Das Konzept von «Freundschaft» kommt vielmehr von uns Erwachsenen. Es gibt zwar Kinder, die schon mit 5 «Gschpänli» haben, aber diese enge Bindung zu Freunden ist im Vergleich zur Bindung mit den Eltern oder engen Bezugspersonen zweitrangig: Mit fünf können Kinder in der Regel immer nur eine Person aufs Mal sehen und wichtig nehmen – und das sind halt meist sie selbst.  

Fällt es Kindern grundsätzlich leicht, Freundschaften zu schliessen?

Ich glaube, das ist wie bei uns Erwachsenen sehr abhängig davon, was man für ein Mensch ist. Da spielen Persönlichkeit und Charakter mit, aber auch ganz stark die Prägung, die man von Zuhause mitbekommen hat. Es gibt viele Kinder, die nur einen oder gar keine engen Freunde haben und absolut happy sind. In der Regel treten Kinder auf ganz natürliche Weise miteinander in Kontakt. Manchmal braucht es aber eben ein bisschen Zeit. Mit etwa 12 Jahren werden Freunde für die allermeisten Kinder ziemlich wichtig.

Welche «Skills» braucht es denn, um neue Freunde zu finden?

Eine eigene Meinung haben, die Meinung von anderen aber stehen lassen können und einen Konsens finden: Das sind alles Dinge, die zur Entwicklung gehören und die Basis für Freundschaften bilden. Kinder eigenen sich diese Fähigkeiten fast ausnahmslos beim Spielen an. Etwa ab dem achten Lebensjahr fängt man an, miteinander soziale Kompetenzen zu erlernen – und damit auch die Fähigkeit, Konflikte zu klären. Das ist eine wichtige Voraussetzung für Freundschaften, auch später. Elementar ist, dass Kinder eine gute Beziehung zu ihren Eltern haben, dann müssen wir Grossen auch gar nicht gross reinpfuschen (lacht). 

Was kann man als Elternteil tun, wenn man das Gefühl hat, das eigene Kind hat keine Freunde?

Wenn man sich als Elternteil Sorgen macht, das Kind könnte einsam sein, sollte man genau hingucken und sich zuerst fragen: Leidet mein Kind darunter, oder leide ich? Wenn man Kindern Zeit gibt, selbst auf andere zuzugehen und keinen Druck ausübt, finden sie in der Regel auch die Freunde, die wirklich zu ihnen passen.

Und wenn das nicht passiert und das Kind darunter leidet?

Dann ist es wichtig, dass wir da sind und es ernst nehmen. Wir sollten nicht noch mehr Stress verursachen, sondern ein geborgener und sicherer Hafen sein für das Kind.  Wenn es traurig oder wütend ist, diesen Gefühl Raum geben und nicht gleich nach Gründen oder Lösungen zu suchen. Oft gehen wir davon aus, die Freunde müssten in der gleichen Klasse sein. Es kann auch helfen, Kindern zu ermöglichen, Kontakte in einem anderen Kontext zu machen, ausserhalb der eigenen Schulklasse, oder neue Hobbies auszuprobieren wie die Pfadi oder ein Sportverein.

Was, wenn Kinder Freunde haben, die man als Eltern doof findet?

Kinder und Jugendliche suchen sich manchmal Freunde, die sie herausfordern oder die sie bewundern. Da kann man auch wieder gut hinhören und schauen: wie geht es meinem Kind?  Solange es nicht in Schwierigkeiten gerät, gehört auch das zur Entwicklung. Es bietet sich auch die Möglichkeit, die eigenen Werte weiterzugeben und gegebenenfalls Grenzen zu ziehen, etwa wenn das Kind durch die Freunde ein Verhalten zeigt, das man nicht gut findet. Wenn wir eine gute Beziehung zu unserem Kind haben und pflegen, können diese Gespräche so wertvoll sein.

Können Erwachsene von Kindern lernen in Bezug auf Freundschaften? 

Unbedingt! Ich bewundere zum Beispiel sehr, dass Kinder komplett vorurteilsfrei sind. Das sollten wir uns alle ganz unbedingt abgucken.

Es ist völlig egal, wieviel du verdienst oder welchen kulturellen Hintergrund du hast. Was zählt, ist: «Fühle ich mich wohl in deiner Nähe?». Kinder leben im Hier und Jetzt, sowohl in ihren Beziehungen untereinander wie auch zu Erwachsenen. Das wichtigste finde ich aber, wenn wir Kinder durchs Leben begleiten, ist dass sie sich selbst lieben und sich selbst annehmen und ein gesundes Selbstgefühl entwickeln. Ein Kind, das weiss: «ich bin okay, genau so wie ich bin» und das seine Gefühle wahrnehmen und annehmen kann, wächst gesund auf. Und wenn ein Kind gerne mit sich ist, dann sind meist auch andere Kinder gerne mit ihm. Das ist bei uns Erwachsenen genau gleich. 

Freunde

Wie kann ich mein Kind unterstützen, Anschluss zu finden?

  • Dem Nachwuchs Freiräume und Zeit zugestehen, um abzumachen, Freundschaften zu schliessen (z.B. auf dem Schulweg) aber auch, um diese zu pflegen (z.B. Besuch zu Hause erlauben).
  • Sich am Charakter des Kindes orientieren (Wie gross ist sein Bedarf an Kontakten?).
  • Bei kleineren Kindern: Kontakte zu anderen bewusst fördern, indem man sich mit Eltern gleichaltriger Kinder trifft, in der Badi, auf dem Spielplatz.
  • Das Kind ermuntern, mit anderen abzumachen. Dabei beobachten: Was macht das Kind gerne? Spielt es gerne Lego? Wer in seiner Klasse ist ihm ähnlich?
  • Will es in der Schule mit Anschluss nicht klappen: Auf Freizeitaktivitäten ausweichen, etwa auf Sportangebote, bei denen das Kind sich wohl fühlt und auf Gleichgesinnte trifft.
  • Was man vermeiden sollte: Freunde nicht mit kleinen Geschenken erkaufen. «Eltern dürfen Kindern zutrauen, dass sie aus eigener Kraft Anschluss finden», so Elterncoach Kathrin Berweger.
  • «Die anderen lassen mich nie mitspielen»: Bei solchen Aussagen des Kindes lieber früher als später die Lehrperson ansprechen. Um die Situation als Eltern besser einzuschätzen: Skala-Fragen stellen, z.B.: «Auf einer Skala von 0 bis 5, wie schwer findest du es, bei anderen mitzuspielen?» (5 bedeutet «super schwer», 0 «leicht»). Antwortet das Kind «3», kann es die Situation vielleicht selbst lösen, bei «5» braucht es Unterstützung. Mit der Frage «Wie kommst du von 3 auf 1?» werden Kinder angeregt, ihre eigenen Lösungen zu finden.

Schulfreunde finden und Freundschaften pflegen

Spielideen, die Kinder gemeinsam in der Pause spielen können

  • Gummitwist
  • Hüpfspiele
  • Ballspiele
  • Seilspringen
  • Lauf- und Fangspiele
  • Murmelspiele

Weitere Ideen, um Freundschaften zu pflegen

  • Witzebuch: Lachen macht Spass und tut einfach gut!
  • Freundebuch: Lustige Sprüche, schöne Zeichnungen, interessante Infos - mit dem Freundebuch sammeln Kindern Erinnerungen an ihre Schulfreunde.
  • Pokémon: Gemeinsam sammeln, tauschen und die Stärken der heissbegehrten Karten besprechen - das verbindet.

Foto: Getty Images

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