Aggressionen bei Kindern: Wenn Kleinkinder hauen, treten und beissen
Eltern sind schockiert, wenn Kinder gewaltsam versuchen, sich durchzusetzen. Doch es gibt gute Gründe für mehr Gelassenheit. Wie Eltern mit aggressiven Kindern umgehen können.
Nützliche Informationen
Das Wichtigste in Kürze:
- Wenn kleine Kinder hauen und treten, werden sie von Gefühlen überrollt, die sie selbst noch nicht steuern können.
- Kinder müssen lernen: Aggressives Verhalten wie Hauen und Treten gehören zu den No-Gos.
- Zurückhauen ist keine Option.
- Wie sich Konflikte friedlich lösen lassen, lernen Kinder am besten von guten Vorbildern – also von Mutter und Vater.
Wann wird die Wut zur Aggression?
«Will aber!», schreit das Kind und läuft vor Aufregung rot an. Bald spiegelt sich in seinem Gesicht auch eine gute Portion Wut. Als es merkt, dass es sich nicht durchsetzen kann, beginnt es zu hauen, zu treten und zu schubsen, wird richtig aggressiv. Eltern von Zwei- und Dreijährigen kennen solche Szenen.
Warum schockiert es die Eltern wenn das Kind haut?
Aggressives Verhalten bei Kindern oder gegenüber Eltern schockiert. Eltern wollen nicht, dass ihr Kind haut, beisst oder schubst. Sie haben Angst davor, dass es andere ernsthaft verletzen oder selbst in Gefahr geraten könnte. Sie sorgen sich auch, dass es einen schlechten Ruf als kleiner Raufbold bekommt, in der Nachbarschaft als aggressives Kind bekannt wird. Und schnell drängen sich Bilder von beängstigenden Zukunftsszenarien auf – wie das Kind in einigen Jahren auf dem Schulhof Klassenkameraden drangsaliert. Doch das ist zu weit gedacht. Denn dass Zwei- und Dreijährige hin und wieder um sich hauen und aggressiv werden, ist normal.
Warum tritt und haut mein Kind?
Das Verhalten deines Kindes ist schnell erklärt: Kleine Kinder reagieren in Konflikten mit Enttäuschung, Wut und Verzweiflung. Sie können diese Gefühle noch nicht selbst regulieren und sich nicht selbst trösten. Die Gefühle lösen dann Aggressionen aus, die vom Kind nicht gesteuert werden können.
Zu einem solchen Verhalten gehört auch körperliche Kommunikation: Hauen und Treten zeigen, dass deinem Kind noch geeignete Strategien fehlen, um seine Wünsche angemessen auszudrücken. Dein Kind will anderen nicht schaden, sondern fühlt sich in die Ecke gedrängt und reagiert genau darum aggressiv.
Wie gehe ich mit den Aggressionen meines Kindes um?
Dennoch: Eltern sollten aggressives Verhalten wie Hauen und Schubsen nicht zulassen. Das Kind muss wissen, dass körperliche Attacken nicht erlaubt sind und es bessere Reaktionen als Aggression gibt.
1. Nicht persönlich nehmen:
Grundsätzlich gilt: Eltern sollten aggressives Verhalten des Kindes nicht persönlich nehmen. Das Kind will seine Eltern nicht ärgern.
2. Gelassen bleiben:
Wer nicht gelassen bleibt, giesst Öl ins Feuer. Schnell kann die aufgeladene Situation eskalieren. Ruhig und entschieden zu bleiben, ist der geeignetere Weg.
3. Bestimmt sein:
Stopp - Hauen geht nicht. «Eltern sollten die Hände des Kindes festhalten und ganz ruhig sagen: «Stopp, ich will nicht, dass du mich haust. Das tut mir weh», rät Erziehungsberaterin Susanna Fischer, Leiterin der Familienpraxis Stadelhofen.
Soll ich zurück hauen?
Manchmal sind Eltern so genervt, dass sie auf eine wiederholte Hau-Attacke ihres Kindes ebenfalls mit Gewalt reagieren. Sie wollen ihrem Kind zeigen, wie es sich anfühlt, gehauen zu werden. Dennoch: Hauen und andere Formen der Gewalt sind auch für Eltern keine Option. Eltern sollten sich immer wieder vergegenwärtigen, dass sie ein wichtiges Vorbild für ihr Kind sind. Kinder gehen davon aus, dass Eltern sich richtig verhalten. Sie ahmen daher das Verhalten ihrer Eltern nach.
Eltern, die aggressiv sind oder ihr Kind gar schlagen, bringen ihm bei, dass körperliche Gewalt richtig ist. Kinderschutz Schweiz warnt: «Körperstrafen erschüttern das Vertrauen des Kindes in seine Eltern; schwächen sein Selbstvertrauen; fördern aggressives Verhalten und stören seine soziale, intellektuelle und emotionale Entwicklung.»
Am besten auf Augenhöhe
Ansagen, Drohungen und Strafen schüren Wut – und damit auch aggressives Verhalten. Ein demokratischer Erziehungsstil beugt dagegen aggressivem Verhalten vor (vgl. autoritative Erziehung). Er zeichnet sich durch Respekt vor dem Kind aus. Ein Kind, das erlebt, dass seine Eltern mit ihm auf Augenhöhe umgehen, fühlt sich in seinem Wert geschätzt. Es weiss, dass die Eltern ihm zuhören und seine Wünsche wahrnehmen, wenn sie ihm auch nicht jeden Wunsch erfüllen. So lernt es: «Es läuft zwar nicht immer, wie ich will. Aber ich werde ernst genommen.» Darüber hinaus spürt es, dass Konfliktsituationen nichts Bedrohliches sind. «Mama und Papa stehen mir auch zur Seite, wenn wir nicht einer Meinung sind.» - «Eine gute Konfliktlösung müssen Kinder von den Eltern erst lernen», sagt Susanna Fischer.
Leben ohne aggressives Verhalten
«Du regst dich ganz schön auf!» – «Ah, Marie hat dir den Sandeimer weggenommen. Das macht dich so wütend.» – «Du hast Angst, dass sie dir auch andere Sachen wegnimmt?» So hört es sich an, wenn Eltern aktiv zuhören. Nach und nach wird das Kind ruhiger, denn es fühlt sich gehört. Aggressives Verhalten findet in Familien, in denen gesund kommuniziert wird, keinen Nährboden. Denn hier leben Eltern ihrem Kind vor, dass sich Konflikte ohne körperliche Gewalt und auch ohne verbale Gewalt lösen lassen. Je älter das Kind wird, umso geschickter wird es darin, seine Wünsche sprachlich zu artikulieren und zu argumentieren.
Aktiv Zuhören
Der erste wichtige Schritt zu einer guten Konfliktlösung heisst «Aktiv Zuhören». Es bedeutet, offen zu sein für das, was das Kind sagt, seine Gefühle, aber auch das, was es sagt, zu spiegeln. Aktives Zuhören ist Teil der Gesunden Kommunikation, auch «Gewaltlose Kommunikation» genannt, die sich im Eltern-Online-Training und Seminaren lernen lässt. Darüber hinaus gibt es eine Menge Literatur zu diesem Thema. «Die Familienkonferenz» von Thomas Gordon und «Gewaltfreie Kommunikation» von Marshall Rosenberg gehören zu den Klassikern.
Foto: Getty Images
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