Babys drittes Jahr

Wenn Kinder ständig Aufmerksamkeit wollen

In Ruhe mit anderen Erwachsenen reden? Oder einfach mal nur eine Pause machen? Wäre schön, wenn das Kind nicht ausgerechnet dann Aufmerksamkeit beanspruchen würde. Wie Eltern reagieren können, wenn sie sich gestört fühlen, erklärt Familienberaterin Maya Risch.

Zur Person:

Maya Risch aus Zürich hat 20 Jahre als Kindergartenlehrperson und Naturpädagogin gearbeitet. Vor vier Jahren hat sie sich als Familienberaterin und Familylab Seminarleiterin selbstständig gemacht. Seitdem leitet sie Elternkurse, berät Eltern und Familien in ihrer Praxis in Zürich und hält Referate zu verschiedenen Erziehungsthemen. So stärkt sie Eltern darin, gelingende Beziehungen in ihrer Familie weiter zu entwickeln. Besonders gern unterstützt sie Eltern dabei, einen gesunden Umgang mit Wut und Aggression zu finden – sowohl mit der eigenen, als auch mit der Wut des Kindes.

Maya Risch
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hat 20 Jahre als Kindergartenlehrperson und Naturpädagogin gearbeitet. Vor vier Jahren hat sie sich als Familienberaterin und Familylab Seminarleiterin selbstständig gemacht.

Nützliche Informationen

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hat 20 Jahre als Kindergartenlehrperson und Naturpädagogin gearbeitet. Vor vier Jahren hat sie sich als Familienberaterin und Familylab Seminarleiterin selbstständig gemacht.

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Das Wichtigste in Kürze:

  • Kinder wollen am liebsten immer ungeteilte Aufmerksamkeit ihrer Eltern, unter anderem deshalb, weil sie abhängig von ihrer Fürsorge sind und sich bei ihnen sicher fühlen.
  • Ein Kind zu ignorieren, weil es Aufmerksamkeit haben will und als störend empfunden wird, ist keine Lösung.
  • Wenn Eltern Zeit für sich brauchen, sollten sie die Auszeit vorher mit dem Kind besprechen.

Frau Risch, Kinder wollen oft Aufmerksamkeit, wenn es Eltern gerade gar nicht passt. Warum ist das so?

Maya Risch: Kleine Kinder wollen am liebsten immer ungeteilte Aufmerksamkeit von ihren Eltern bekommen! Sie wollen in Kontakt mit ihren engsten Bezugspersonen sein, weil sie abhängig von ihrer Fürsorge sind und sich bei den Eltern sicher fühlen. Sie möchten wertvoll für sie sein und geliebt, gesehen und gehört werden – mit ihrer ganzen Persönlichkeit. Das ist natürlich pausenlos nicht immer möglich und auch nicht nötig.

Könnte es hilfreich sein, das Kind einfach zu ignorieren, wenn es still sein soll?

Wenn Eltern die Gefühle des Kindes ignorieren wollen, können sie das schon machen. Für eine gelingende Beziehung zwischen Eltern und Kind ist das jedoch nicht hilfreich. Sinnvoller finde ich, dem Kind klar zu sagen, was sie in diesem Moment wollen. «Ich höre, dass du etwas willst von mir. Jetzt will ich in Ruhe telefonieren. Nachher höre ich dir zu.»

Möglichweise würde ein Kind, das ins Leere läuft, seine Bemühungen um Aufmerksamkeit verstärken, oder?

Ja, ganz klar, und die Eltern werden das noch lautere Jammern des Kindes als Stress empfinden. Es gibt auch Kinder, die anders reagieren, wenn sie immer wieder zu wenig beachtet werden. Die Kinder werden mit der Zeit wie unsichtbar, weil sie der Botschaft zustimmen, dass sie der Existenz nicht würdig sind. Beides sind ebenso kompetente wie logische Reaktionen auf das kränkende Verhalten der nahen Erwachsenen.

Aber besteht nicht die Gefahr, das Kind mit Aufmerksamkeit zu verwöhnen?

Nein, Eltern können ihrem Kind nie zu viel Aufmerksamkeit im Sinn von Präsenz und Kontakt schenken – vorausgesetzt, sie drängen sich nicht auf. Im Gegenteil: Wichtig ist, sich dem Kind immer wieder zuzuwenden und in dieser gemeinsamen Zeit wirklich zuzuhören und zuzusehen. Denn wenn Eltern stets nur beiläufig nicken, spürt das Kind das Gegenüber nicht. Es will aber teilhaben, mitmachen und von den Eltern lernen. Wenn Kinder wahre Präsenz und echte Zuwendung bekommen, dann fällt es ihnen auch leichter, hin und wieder mal zu warten. 

Wie reagieren Eltern sinnvoll, wenn das Kind nicht warten will?

Freundlich! Das Kind ist ja in einer schwierigen Situation. Wenn Mama oder der Papa sich dem Handy zuwendet oder Pause macht, geht die Präsenz weg vom Kind. Die Aufmerksamkeit richtet sich nun an das Gerät. Dem Kind kommt es vor, also ob die Mama verschwindet, obwohl sie physisch anwesend ist. Es will sie zurückholen, weil sie nicht mehr mit ihm in Kontakt ist. Die Mutter oder der Vater könnte nun mitteilen, dass sie oder er sich in diesem Moment keine Zeit für das Kind nehmen will. Aber viel besser ist es, nicht nur zu reagieren, sondern im Vorfeld zu agieren.

Wie können Eltern denn im Vorfeld agieren?

Ist es gerade nicht möglich, sich dem Kind zuzuwenden, besteht die Aufgabe der Eltern darin, ihm das mitzuteilen und auch in Aussicht zu stellen, wann das wieder möglich ist. Eltern können sagen: «Ich rufe jetzt meine Freundin an. Das dauert solange, bis der Wecker klingelt. Wenn du willst, kannst du hallo sagen. Dann will ich alleine mit ihr reden und ich will, dass du etwas für dich machst. Hast du eine Idee? Brauchst du gerade noch etwas von mir, bevor ich anfange?»

Wie lange könnte es ein dreijähriges Kind schaffen, seine Bedürfnisse zurückzustellen?

Es ist sinnvoll, mit einer wirklich kurzen Zeitspanne zu beginnen. Am Anfang können Eltern es mal mit zwei, drei Minuten probieren. So werden erste Erfolgserlebnisse geschaffen. Danach können sie die Pause auf fünf Minuten und mehr ausweiten. Einige Kinder können auch problemlos etwas länger warten, das ist sehr unterschiedlich. 

Schon wenige Minuten können für ein Kind eine lange Zeit sein, wenn es nicht weiss, wann sie herum sind …

Eine Sanduhr kann helfen. «Schau hier ist eine Sanduhr. Du kannst sehen, wie der Sand durchrieselt. Wenn der gesamte Sand durch die enge Stelle gefallen ist, bin ich wieder bei dir», können Eltern sagen. Alternativ lässt sich auch ein Timer verwenden, der ebenfalls Zeit sichtbar macht. Wichtig ist allerdings, dass die Mutter oder der Vater auch wirklich prompt und verlässlich zurückkommt, sobald die vereinbarte Zeitspanne vergangen ist, und zwar auch dann, wenn sich das Kind vielleicht noch selbst beschäftigt.

Und wenn das Kind nicht durchhält?

In diesem Fall kann sich die Mutter oder der Vater ihm kurz freundlich zuwenden und an die Vereinbarung erinnern. «Das ist mir jetzt wirklich wichtig!» Kinder brauchen Erwachsene, die ihre Bedürfnisse und Grenzen klar zum Ausdruck bringen und ihnen sagen, was passiert. Sie brauchen auch Übung, um etwas zu lernen. Und sie brauchen Erwachsene, die sehen, dass Kinder sehr oft mit ihnen kooperieren und wertvoll für sie sein wollen. Eltern können auch die Bemühung würdigen, dass es zumindest einen Teil der vereinbarten Zeit geklappt hat. «Ich merke, du hast dir wirklich Mühe gegeben!» Und wenn das Kind es schafft, sich eine Weile allein zu beschäftigen, können Sie sich bedanken: «Dass ich Pause machen konnte und du in dieser Zeit allein gespielt hast, war wirklich eine grosse Hilfe für mich. Das hat mir sehr gut getan. Komm, was wollen wir jetzt gemeinsam machen?»

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Foto: Getty Images

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