Warum feiert man Fasnacht?
Warum gibt es Fasnacht? Welche verschiedenen Bräuche gibt es in der Schweiz? Kinderleichte Erklärungen und Ausflugstipps zu den schönsten Umzügen.
Am 11. November um 11 Uhr 11 wird mancherorts offiziell die Fasnacht eingeläutet. Die Zeit der närrischen Umzüge bricht dann im Februar oder März an. Der traditionelle Anlass dauert meist mehrere Tage und wird an vielen Orten in der Schweiz, Europa und der ganzen Welt mit verschiedenen Bräuchen gefeiert. Kunstvolle Masken, bunte Kostüme, schrille Musik und kulinarische Spezialitäten spielen dabei eine wichtige Rolle. Welche Bräuche gibt es in der Schweiz? Wo und wann finden die faszinierendsten Umzüge statt? Und was ist überhaupt der Sinn hinter der Fasnacht?
In diesem Beitrag erfährst du, was es mit der Fasnacht auf sich hat und wie du deinen Kindern diese Tradition leicht verständlich erklären kannst. Nach der Lektüre wird dir und deinen Kindern klar sein, welche Rolle dabei einerseits der 11.11., andererseits der Aschermittwoch spielt und weshalb in Basel, Luzern und Bellinzona das gleiche Fest verschieden gefeiert wird. Zu guter Letzt erhält ihr Ausflugstipps zu den tollsten Fasnachtsanlässen – mit Kinderumzügen! – der Schweiz.
Nützliche Informationen
Warum gibt es Fasnacht?
Schon im Altertum gab es Feste, mit denen im Frühling das Wiedererwachen der Natur gefeiert wurde. Gelage und Umzüge fanden statt; der Winter wurde mit Masken und viel Gelärm vertrieben. Die Tradition der heutigen Fasnacht besteht seit dem Mittelalter. Der Begriff geht auf das Wort «Fasten-Nacht» zurück und bezeichnet den Vorabend der 40-tägigen Fastenzeit vor Ostern, die mit dem sogenannten Aschermittwoch beginnt. An diesem Tag werden die Gläubigen im Gottesdienst mit einem Kreuz, das aus Asche auf die Stirn gezeichnet wird, geweiht. Die Fastenzeit erinnert an die 40 Tage, die Jesus betend und fastend in der Wüste verbrachte. Die Gläubigen bereiten sich damit auf Ostern vor, also auf die Feier der Auferstehung von Jesus nach dessen Kreuzigungstod an Karfreitag.
Im Mittelalter mussten alle Menschen im christlichen Europa das Fastengebot einhalten. Entsprechend diente die Fasnacht dem Volk dazu, die letzten Wintervorräte aufzubrauchen und noch einmal richtig zu schlemmen, zu tanzen und zu musizieren – kurz: noch einmal auf den Putz zu hauen. Verkleidungen und Vermummungen förderten das ausgelassene Treiben, bei dem oft auch die Kirchenoberen verspottet wurden. Diese versuchten das Volksfest immer wieder zu verbieten, doch die Bräuche hielten sich vielerorts durch die Jahrhunderte hindurch.
Wo in der Schweiz wird die Fasnacht besonders gefeiert?
Im 16. Jahrhundert schafften die Orte, die sich zur Reformation bekannten, die vorösterliche Fastenzeit und damit auch die Fasnacht ab. (Die Reformation ist eine Erneuerungsbewegung innerhalb des Christentums, die zur Aufspaltung in die Konfessionen «katholisch» und «reformiert/protestantisch» führte.) 1529 erklärte sich auch Basel zur reformierten Stadt und verbot die Fasnacht. Doch die Obrigkeiten konnten sich nicht durchsetzen. So gehört Basel – nebst Winterthur – zu den wenigen protestantischen Städten in der Schweiz, in denen heute noch eine traditionelle Fasnacht gefeiert wird. Von grosser Bedeutung ist die Fasnacht ausserdem in katholischen Städten wie Luzern, Zug, Bellinzona und Chur.
Was hat es mit dem Datum des 11.11. auf sich?
An vielen Orten wird die Fasnacht bereits am 11. November um 11 Uhr 11 eröffnet. Dies gilt vorwiegend für katholische Orte wie die deutschen Karnevalsstädte Köln und Düsseldorf sowie für (reformierte) Orte mit jüngerer Fasnachtstradition wie Bern und Zürich. In Basel und Luzern hingegen findet der Fasnachtsauftakt erst kurz vor Aschermittwoch respektive eben vor der ursprünglichen vorösterlichen Fastenzeit statt. Das Datum des 11.11. hat ebenfalls mit dem Fasten zu tun. Denn eine weitere Fastenzeit musste früher vor Weihnachten eingehalten werden; sie begann am sogenannten Martinstag, dem 11. November. Zudem gilt die Zahl 11 wegen den in der Bibel erwähnten zehn Geboten als Zahl der Grenzüberschreitung und Narretei – kurz als «Narrenzahl» par excellence. Einen passenderen Zeitpunkt für den Auftakt der närrischen Zeit als den 11.11. um 11 Uhr 11 kann es somit wahrlich nicht geben! Doch ob die Fasnacht nun am Martinstag eröffnet wird wie in Zürich und Bern oder erst vor dem Aschermittwoch wie in Basel und Luzern: Die eigentlichen Fasnachtsumzüge finden überall erst im Februar oder März statt.
Fasnacht, Fasching, Karneval: Was bedeutet was?
Im deutschsprachigen Raum und an anderen Orten der Welt wird die Fasnacht auch «Fasching» oder «Karneval» genannt. Fasching sagt man vor allem in Bayern und Österreich; das Wort geht zurück auf «Fastenschank», also auf den letzten Ausschank alkoholischer Getränke vor der Fastenzeit. An Orten wie Köln, Düsseldorf und Berlin wird hingegen Karneval gefeiert, ebenso in romanischsprachigen Ländern wie Italien («Carnevale di Venezia») oder Brasilien («Carnaval do Rio»). Das Wort ist vermutlich abgeleitet von «carne levare», lateinisch für «Fleisch weglassen», hat also letztlich den gleichen Sinn wie «Fas(t)nacht».
Warum verkleidet man sich an Fastnacht?
Traditionellerweise wollte man den Winter mit Masken, Verkleidungen und viel Lärm vertreiben. Der Trommellärm und die farbenfrohen Umzüge sollten den Frühling erwecken. Da die Fasnachtszeit auch als Narrenzeit galt, schlüpften die Menschen für einen Tag in eine neue Rolle – denn verkleidet sind alle gleich und man sieht nicht auf Anhieb, wer sich darunter versteckt. Alle feierten eine ausgelassene Narrenfreiheit vor der Fastenzeit. Und auch heute noch ist das Verkleiden einer der zentralsten Punkte der Fasnacht, wo sich Gross und Klein verkleidet und in eine neue Rolle schlüpft!
Tolle Schmink- und Kostümtipps
Fasnachtsbräuche in der Schweiz
Zu den grössten, bekanntesten und ältesten Fasnachtsanlässen der Schweiz gehören die bereits erwähnte Basler Fasnacht und die Luzerner Fasnacht. Auch das Tessin, die Romandie und andere Orte der Deutschschweiz kennen närrische Zeiten. Im Folgenden erfährst du, worin sich die Feierlichkeiten an den verschiedenen Orten unterscheiden.
Wie wird die Fasnacht in Basel gefeiert?
Die Basler Fasnacht beginnt mit dem «Morgestraich» am Montag nach dem Aschermittwoch. Um vier Uhr früh erlischt die Strassenbeleuchtung in der gesamten Innenstadt, die Laternen der Fasnachts-Cliquen leuchten auf, die Pfeifer und die Trommler spielen zusammen den Morgestraich-Marsch, und an die 20’000 kostümierte und maskierte Fasnächtler*innen setzen sich in Bewegung. Genau 72 Stunden dauert die Basler Fasnacht.
Die meisten Cliquen widmen sich jeweils kritisch-satirisch, also mit spöttischem Humor, einem bestimmten aktuellen Thema. Dieses wird auf den grossen Laternen präsentiert sowie auf Handzetteln mit Sprüchen unter den Zuschauer*innen verteilt. Neben den pfeifenden und trommelnden Cliquen gibt es auch solche, die mit Blechblasinstrumenten Guggenmusik spielen. Daneben ziehen auch einzelne Personen und kleine Gruppen (sogenannte «Schyssdräggziigli») durch die Strassen.
Der zweite Tag der Basler Fasnacht ist jeweils den Kleinen gewidmet. Der Kinderumzug führt durch die Basler Altstadt und endet auf dem Münsterplatz, der von den rund 200 Fasnachtslaternen prachtvoll erleuchtet wird.
Nicht wegzudenken von der Basler Fasnacht sind die «Schnitzelbängg» und die bereits erwähnten «Zeedel» (Handzettel). Die Schnitzelbanksänger*innen machen sich mit auf «Baseldytsch» gesungenen Texten über Ereignisse des vergangenen Jahres lustig. Sie treten jeweils am Montag- und Mittwochabend der dreitägigen Fasnacht in Restaurants und Cafés der Innenstadt auf.
Wie wird die Fasnacht in Luzern gefeiert?
Ähnlich und doch recht anders geht es an der Luzerner Fasnacht zu und her. Sie beginnt am «Schmutzigen Donnerstag» in der Woche vor Aschermittwoch. «Schmutzig» bedeutet hier nicht «dreckig», sondern «fettig», da an diesem Tag noch einmal ausgiebig gebacken wurde, unter anderem die bekannten Fasnachtschüechli, bevor dann am Aschermittwoch die traditionelle Fastenzeit begann. Um fünf Uhr früh ist in der Altstadt von Luzern die sogenannte Tagwach. Ein «Urknall» ertönt, und die Guggenmusigen beginnen zu spielen.
Eine besondere Rolle an der Luzerner Fasnacht spielen «Bruder Fritschi» und die «Fritschifamilie». Am ersten Fasnachtsmorgen fahren diese in einem Boot vom Vierwaldstättersee in Luzern ein. Bruder Fritschi ist das fasnächtliche Oberhaupt der ältesten Zunft von Luzern, der um 1400 gegründeten Zunft zu Safran. (Die Zünfte, im Mittelalter von grosser Bedeutung, sind mit den heutigen Berufsverbänden zu vergleichen.) Der Zunftmeister zu Safran, genannt «Fritschivater», empfängt Bruder Fritschi und führt ihn in Begleitung der Fritschifamilie und weiterer Ehrengäste zum Fritschibrunnen auf dem Kapellplatz. Dort treffen sich später alle Fasnächtler*innen zum «Fötzeliregen», der aus über fünf Millionen Papierschnipseln besteht und explosionsartig auf die Menschenmenge niederrieselt. Danach findet rund um den Fritschibrunnen das traditionelle Orangenauswerfen statt. Dieses hat übrigens nicht nur in Luzern, sondern auch in den Kantonen Zug und Schwyz sowie in anderen Ländern Tradition.
Am Nachmittag des ersten Fasnachtstages findet der erste Umzug statt, am darauffolgenden Nachmittag der zweite. Am dritten Tag ist Zeit für das «Chendermonschter»: Dann ziehen rund 800 Kinder trötend und rasselnd durch die Altstadt.
Wie wird die Fasnacht im Tessin gefeiert?
Nicht die Luzerner Fasnacht, sondern der Rabadan in Bellinzona ist der zweitgrösste Karneval der Schweiz. Hier feiern jedes Jahr rund 150’000 Personen. «Rabadan» heisst auf Piemontesisch so viel wie «Lärm», und entsprechend laut und bunt geht es bei diesem «Carnevale» zu und her. Anders als bei vielen anderen Fasnachtsanlässen müssen sich auch die Besucher*innen des Rabadan verkleiden (in Basel etwa ist dies geradezu verpönt). Das närrische Fest dauert sechs Tage und Nächte, vom Schmutzigen Donnerstag bis zum Tag vor Aschermittwoch. Der Freitag ist den Kindern und ihren Umzügen gewidmet. Am letzten Karnevalstag findet ein kostenloses Essen mit Risotto und Luganighe (Schweinswürsten) statt.
Welche weiteren Fasnachtstraditionen gibt es in der Schweiz?
Der Auftakt der Berner Fasnacht findet jeweils am 11.11. um 11.11 Uhr statt. Dann wird der Fasnachtsbär für die Dauer des Winters in den Käfigturm eingeschlossen. Am Donnerstag nach dem Aschermittwoch wird der Bär mit einer lauten «Chüblete» geweckt und aus dem Käfig befreit. Auch zu den Highlights der Berner Fasnacht gehören Guggenmusik, Schnitzelbänke und ein Kinderumzug.
Eine Besonderheit ist die Groppenfasnacht in Ermatingen im Kanton Thurgau, so benannt nach der Groppe, einer im Bodensee vorkommenden Fischart. Diese älteste Fasnacht der Ostschweiz gilt als späteste Fasnacht der Welt, denn sie findet erst drei Wochen vor Ostern, also mitten in der traditionellen Fastenzeit statt. Die Groppenfasnacht hat ihren Ursprung vermutlich in einem vorchristlichen Frühlingsfest der Fischer, die damit das Ende des Winters und den Beginn der Groppen-Fangsaison feierten.
Die Winterthurer Fasnacht ist die grösste Fasnacht des Kantons Zürich. Auch im Jura wird Fasnacht gefeiert, der jurassische Karneval heisst Carimentran. Die grösste Fasnacht der Westschweiz ist die Brandons in Payerne. Im Wallis gehört die Tschäggätta des Lötschentals zu den traditionsreichsten Fasnachtsanlässen. Auch in Biel, Solothurn, Chur und an vielen anderen Orten in der Schweiz wird die Fasnacht mit speziellen Bräuchen und ortsspezifischen Besonderheiten gefeiert.
Ausflugstipps: Die 5 schönsten Umzüge der Schweiz
Es ist interessant, die Hintergründe der Fasnacht und die einzelnen Traditionen zu kennen, doch letztlich muss die Fasnacht einfach erlebt werden! Im Folgenden fünf Ausflugstipps zu Umzügen in verschiedenen Teilen der Schweiz, die für dich und deine Kinder besonders interessant sind:
Fasnacht: Tipps für den Familienausflug
- Tipp 1 - Mit wenig Aufwand viel erreichen: Nur zuschauen oder gleich mitmachen? Das ist hier die grosse Frage. Die meisten Kinder lieben es, sich zu verkleiden. Falls du keine Zeit hast, ein tolles Kostüm aufzutreiben oder gar selbst zu nähen, kann auch Kinderschminke den gewünschten Zweck erfüllen, insbesondere kombiniert mit einem besonderen Accessoire, etwa einem lustigen Hut, einem Umhang oder einer Maske, die noch von Halloween übriggeblieben ist.
- Tipp 2 - Lokale Spezialitäten ausprobieren: Für Verpflegung musst du nicht unbedingt vorsorgen, denn an jeder Fasnacht warten Stände mit allerlei Köstlichkeiten auf euch. Ob süsse oder salzige Leckereien, es gehört zum Fasnachtsspass dazu, die lokalen Spezialitäten zu probieren. Es kann aber – wie immer – sicher nicht schaden, genügend Trinkwasser zur Hand zu haben.
- Tipp 3 - Knallbunter Konfetti-Spass: Unerwähnt geblieben sind bisher die Konfetti, ohne die kaum eine Fasnacht auskommt. Mach dich darauf gefasst, dass ihr die bunten Papierschnipsel in Haaren, Taschen, Schuhen und verborgenen Kleiderfalten bis nach Hause zurückträgt und diese noch Tage später an den seltsamsten Orten in eurer Wohnung auftauchen. Doch es gibt definitiv Schlimmeres als diese kleinen Erinnerungsfetzen an einen lustigen Tag. Und übrigens kann man mit Konfetti auch basteln – zum Beispiel eine kunterbunte Konfettischale! Du brauchst dafür nicht mehr als einen Ballon, Leim, eine Schere, zwei kleine Schüsseln und natürlich Konfetti. Hier geht’s zur Bastelanleitung.
Und zum Schluss: Welche Köstlichkeit darf an der Fasnacht nicht fehlen?
Die feinen Fasnachtschücheli natürlich!
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