Schimpfen? Ja – aber richtig!
Was tun, wenn das Kind wieder einmal bockig ist, nicht tun will, was ihm gesagt wird oder es gar unflätig widerspricht? Es ist doch ganz normal, zu schimpfen, um klare Zeichen und Grenzen zu setzen. Oder etwa nicht? Wir klären auf.
Nützliche Informationen
Das Wichtigste in Kürze:
- Auch im Konflikt sind Eltern Vorbild für die Kinder
- Schimpfen ist nicht falsch. Aber es gibt falsches Schimpfen.
- Du kannst dein Kind zurechtweisen. Aber die Fähigkeiten oder die Persönlichkeit des Kindes dürfen nicht kritisiert werden.
Ganz ehrlich: Wer hat noch nie lautstark mit seinem Kind geschimpft? Wer hat sein Kind noch nie angeschrien und es hinterher bereut? Mit einem Kind zu schimpfen, ist nicht schön. Aber als Eltern kommt man ab und zu an den Punkt, an dem mit dem Kind zu schimpfen, der einzig Weg zu sein scheint. Aber schadet es Kindern geschimpft zu werden und ginge es auch ohne?
Schimpfen ist nicht schlimm – wenn es richtig gemacht wird
Keine Sorge: Schimpfen schadet dem Kind nicht – wenn du ein paar Punkte beachtest. Es kommt nicht darauf an, ob geschimpft wird oder nicht, sondern wie. Ein Kind anzuschreien oder gar Schimpfwörter zu benutzen, ist sicherlich nicht förderlich. Sollte ein Kind immer wieder angeschrien werden, wird es verinnerlichen, dass das wohl die Art ist, wie man sich streitet und an Konflikte herangeht. Es liegt auf der Hand: Das ist natürlich kein gutes Vorbild.
Aber soll man dann immer alles durchgehen lassen und seine eigenen Gefühle wie Ärger herunterschlucken und das Kind gewähren lassen? Natürlich auch nicht. Denn dann stauen sich negative Gefühle so stark an, dass es irgendwann einen Dammbruch gibt und eine Tirade losbricht. Wie so oft ist auch hier der Mittelweg ein guter Weg.
Ruhig und sachlich bleiben: Es zählt das Hier und Jetzt
Bleibe ruhig. Versuche es mit fester, etwas tieferer Stimme und ganz ruhig, deinem Kind klarzumachen, was es womöglich falsch gemacht hat und was richtig wäre. Auch wenn es schwerfällt: Beim Kritisieren oder Schimpfen möglichst sachlich zu bleiben, ist das Allerbeste. Absolutes No-Go: Die Fähigkeiten des Kindes im Allgemeinen oder gar seine Persönlichkeit infrage zu stellen. Ausserdem ist es wichtig, dass man nicht andere Situationen, die ähnlich verlaufen sind, mit einbezieht. Das Malheur ist dem Kind zuvor schon mehrmals passiert? Auch wenn es reizt, dies nun ins Feld zu führen: Das ist jetzt nicht das Thema. Es gilt nur das Hier und Jetzt.
Eltern haben unterschiedliche Charaktere, die einen sind eher impulsiv und temperamentvoll, andere eher zurückhaltend und sanftmütig. Das zeigt sich dann selbstverständlich auch in der Art der Erziehung. Um ein angebrachtes Mass an Härte und gleichzeitig Empathie beim Schimpfen an den Tag zu legen, müssen die Eltern auch immer wieder an sich arbeiten. Sich zu verbiegen bringt allerdings nichts, denn ein Kind spürt das ganz genau, wenn Mama oder Papa nicht authentisch sind.
Kinder müssen Konflikte erfahren
Dass andere Personen mit den Handlungen nicht einverstanden sind, muss ein Kind lernen. Das Kind muss Konflikte erfahren. Sie gehören ja zum Leben. Menschen haben nun einmal unterschiedliche Ansichten und Bedürfnisse. Wichtig ist nur, dass ein Kind von seinen Eltern lernt, wie man möglichst gut mit Kritik, Streit oder Meinungsverschiedenheiten umgeht. Schliesslich lernt man in Konflikten den anderen auch besser kennen und kann mit Einfühlungsvermögen, das man auch lernen kann, bestenfalls die Beziehung stärken. Ein Kind sollte lernen, dass es gut ist anzusprechen, was einen stört. Denn Konflikte immer wieder herunter zu schlucken, macht irgendwann alles nur noch schlimmer.
So schimpfst du richtig
- Nie die Persönlichkeit des anderen kritisieren, wenn man ein Verhalten tadeln möchte. Zu faul? Zu dumm? Zu bockig? - Das ist hier fehl am Platz!
- Zu schreien, deutet auf Schwäche hin und macht Kindern Angst. Kinder werden eher von dem beeindruckt sein, was ihre Eltern ihnen sagen, wenn sie das ruhig und bestimmt tun.
- Keine lange Tirade abhalten! Kinder behalten eher, was kurz und bündig gesagt wurde.
- Im Hier und Jetzt bleiben! Was vorbei ist, ist vorbei. Ältere Ärgernisse sollten im aktuellen Konflikt nicht aufgewärmt werden.
- Liebe hat damit nichts zu tun! Man sollte bei einem Kind nicht den geringsten Zweifel entstehen lassen, dass zu schimpfen mit Liebesentzug einhergehen könnte.
- Konflikte klar beenden! Wenn man geschimpft hat, ist es auch wieder gut.
- Sich nicht verstellen! Kinder kennen ihre Eltern und merken, wenn sie sich anders geben als sie eigentlich sind.
Weil es ab und zu kracht: Richtig streiten
Schimpfen ist das eine, streiten das andere. Ob mit den Kindern oder in der Partnerschaft – eine Auseinandersetzung ist nicht schön, aber ab und zu unumgänglich. Wie beim Schimpfen gibt es auch beim Streiten gewisse Handlungen und Aussagen, die man besser vermeiden sollte:
- Nicht den anderen willentlich verletzen. Den anderen zu beleidigen, (vielleicht, weil man selbst gekränkt wurde) ist kontraproduktiv und startet eine Negativ-Spirale.
- Die Ursachen für einen Streit finden. Wessen und welche Gefühle wurden verletzt? Fühlt sich jemand ungerecht behandelt? Was ist der Grund für den Ärger, der in der Luft liegt? Eltern können ihren Kindern dabei helfen, indem sie ihnen entsprechende Fragen stellen und ihnen gut zuhören.
- Sich an das Gute am Anderen erinnern. Um den eigenen Ärger etwas zu dämpfen, kann man sich all das vor Augen führen, was man an dem Gegenüber schätzt. So ist es vielleicht eher möglich die versöhnliche Hand auszustrecken und sachlich zu bleiben.
- Sich in den anderen hineinversetzen. Empathie lässt sich lernen, indem man versucht die Perspektive zu wechseln. Was denkt und fühlt mein Gegenüber wohl jetzt? Einen solchen Rollentausch kann man mit Kindern auch ohne Streitsituation spielerisch üben.
- Selbstkritisch sein. Auch das kann man mit Kindern üben, indem man immer wieder vor ihnen sein eigenes Verhalten reflektiert. Das gute Beispiel bringt's.
- Sich gegenseitig aussprechen lassen und zuhören.
- Kompromisse schliessen. Das ist, wenn es möglich ist, die beste Konfliktlösung, weil es alle Beteiligten mit einschliesst. Aber es gibt auch Situationen, wo das einfach nicht geht.
- Sich entschuldigen. In vielen Fällen kann jeder mindestens einen kleinen Schritt auf den anderen zugehen, auch wenn man dabei über seinen Schatten springen muss. Eltern können mit Kindern überlegen, welche Entschuldigung wohl Versöhnung bringen könnte: Eine Blume, ein Bild, eine Umarmung?
Foto: Getty Images
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