Erziehungsstile: So unterschiedlich wirken die verschiedenen Erziehungsmethoden
Habst du dich schon einmal gefragt, welchen der unterschiedlichen Erziehungsstile du bevorzugt anwendest? Erreichst du damit deine Erziehungsziele? Ein Überblick der Kindererziehung und Leitfaden für Eltern.
Nützliche Informationen
Das Wichtigste in Kürze:
- Es gibt verschiedene Methoden der Kindererziehung. Jeder Erziehungsstil hat andere Glaubenssätze und Wirkungen.
- Der autoritäre Erziehungsstil lässt sich an Ansagen, «wenn, dann» -Sätzen und Strafen erkennen. Eltern, die ihr Kind autoritär erziehen, engen es oft ein und nehmen ihm die Chance, wichtige Erfahrungen selbst zu machen.
- Der demokratische Erziehungsstil stellt die Beziehung vor die Erziehung. Er zeichnet sich durch Respekt vor dem Kind aus. Familienmitglieder verstehen sich als Team und begegnen sich auf Augenhöhe (vgl. auch autoritativer Erziehungsstil)
- Experten sind sich einig: Der antiautoritäre Erziehungsstil der 70 Jahre hat sich nicht bewährt.
Es ist acht Uhr – und die Kleine steht im Body in der Diele. Nein, sie will die rote Strumpfhose nicht anziehen. Auch nicht die festen Schuhe. Sie möchte in Rock und Sandalen in die Kita marschieren. Leider zeigt das Thermometer nur neun Grad. Und nun? Wie reagierst du auf das Verhalten deines Kindes?
Wunsch nach Orientierung: Welche Erziehungstile gibt es?
Als Eltern von einem kleinen Kind wirst du solche Situationen gut kennen. Die meisten Eltern versuchen es erst im Guten – mit ein wenig Überredungskunst. Doch weil diese Taktik oft wirkungslos bleibt, kommt Plan B ins Spiel: Eine Belohnung wird in Aussicht gestellt. Spätestens, wenn auch das nicht zieht, besteht die Gefahr, dass die Situation kippt. Dann wird eine erste Drohung formuliert, gefolgt von einer klaren Ansage. Eltern werden laut, das Kind weint, die Situation eskaliert. Ohne es zu wollen, haben die Eltern sich autoritär verhalten. Denn: Sie hatten von Anfang an eine ganz bestimmte Erwartung an das Kind, die sie durchsetzen wollen.
Die autoritäre Erziehung
Bestimmt hast auch du schon von der autoritären Erziehung gehört. Folgende Merkmale machen diesen Erziehungsstil aus:
● Die Annahme: «Ich muss mein Kind in einer Spur lenken.» Denn klar ist: «Das Kind muss gehorchen.»
● Die Mittel: Zu diesem Erziehungsstil gehören Ansagen, Drohungen und Strafen.
● Die Erkennungsmerkmale dieses Erziehungsstils: «Tu dies, tu das, tu jenes», so hört es sich an, wenn Eltern autoritär erziehen. Oder «Wenn du …, dann…»
● Die Wirkung: Der Autoritäre Erziehungsstil belastet das Verhältnis zwischen Eltern und Kind. Denn Drohungen und Strafen führen dazu, dass sich das Kind nicht richtig geliebt fühlt. Ausserdem beschämen Strafen und machen wütend. Das hat einen grossen Einfluss auf die Entwicklung des Kindes. Negative Gefühle entstehen und stauen sich innerhalb der Familie auf. Forscher haben festgestellt: Diese können langfristig zu Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen, Burn-out und Beziehungsstörungen führen. Darüber hinaus macht der autoritäre Erziehungsstil in der Regel unselbstständig. Statt zu lernen, was richtig und falsch ist, lernt das Kind, wie es am besten einer Strafe ausweicht.
Die demokratische Erziehung
Der Gegenpol ist der demokratische Erziehungsstil (vgl. auch autoritativer Erziehungsstil). Folgende Merkmale machen diese Methode der Kindererziehung aus:
● Die Annahme: «Mein Kind ist gut, wie es ist. Wenn es sein kann, wer es ist und wie es ist, wird es einen erfüllten Weg durchs Leben finden.» Ein Glaubenssatz ist auch: «Wir schaffen es, unserem Kind vorzuleben, wie gutes Leben gelingen kann.»
● Die Mittel: Wenige wichtige Regeln und viel Freiraum – das sind die grundlegenden Mittel des demokratischen Erziehungsstils. Gleichzeitig sind die Eltern Vorbilder, an denen sich ihr Kind orientieren kann. «Kinder brauchen Eltern wie Leuchttürme», dieses Zitat stammt von dem bekannten, 2019 verstorbenen, dänischen Familien-Therapeuten Jesper Juul. «Sie senden in regelmässigen Abständen deutliche Signale aus, damit Kinder im Laufe der Zeit lernen, einen sicheren Kurs zu halten», schrieb er in seinem Ratgeber «Was Familien trägt».
● Die Erkennungsmerkmale: Eltern achten auf wichtige Bedürfnisse des Kindes. Der Umgang miteinander geschieht auf Augenhöhe, das Kind wird als eigene Persönlichkeit anerkannt. Das bedeutet nicht, dass Kinder genauso viel zu sagen haben wie die Eltern, sondern dass sie als Menschen genauso ernst und wichtig genommen werden. Eltern begleiten das Kind also liebevoll und hören ihm offen und unvoreingenommen zu. Ihre eigenen Wünsche, Bedürfnisse und Sorgen formulieren sie frei von Anklagen, Vorwürfen und Kränkungen.
● Die Wirkung: Verständliche Regeln und verlässliche Rituale geben inneren Halt und Orientierung. Das prägt das Verhalten und die Persönlichkeit. Denn gleichzeitig lernt ein Kind, das mitentscheiden darf, auch Verantwortung zu tragen. So entwickelt es Selbstvertrauen, Selbstachtung und Selbstständigkeit – notwendige Voraussetzungen für ein erfülltes Leben.
Einander ganz nah: Mit welchem Erziehungsstil bewirke ich am meissten?
Erziehungsexperten sind sich aufgrund internationaler Studien längst einig: Der Autoritäre Erziehungsstil hat ebenso ausgedient wie der antiautoritäre Erziehungsstil. Wenn dagegen jedes Familienmitglied unabhängig vom Alter zählt und Lösungen gefunden werden, entwickeln sich innige Gefühle ungestört – die Bindung ist und bleibt eng.
Die antiautoritäre Erziehung: ein Überbleibsel aus den 70ern
«Geht es auch anders?», fragte man sich Ende der 60er und in den 70er Jahren. Als Gegenentwurf zur autoritären Erziehung entstand der antiautoritäre Erziehungsstil. In sogenannten Kinderläden durften Kinder tun, was sie wollten. Doch schon bald zeigte sich, dass die Kinder mit einem Leben ohne Grenzen und Regeln überfordert waren. Ihnen fehlte Orientierung. Die antiautoritäre Erziehung spielt heute kaum noch eine Rolle.
Bücher: die Klassiker unter den Erziehungsratgebern
- Step – Das Elternbuch. Verschiedene Ausgaben für die jeweiligen Altersstufen, wissenschaftlich begleitet und evaluiert durch die Universität Bielefeld.
- Dein kompetentes Kind von Jesper Juul, 2019 verstorbener dänischer Familientherapeut.
- Babyjahre, von Remo H. Largo, Schweizer Wissenschaftler und Kinderarzt.
Foto: Getty Images
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