Schultipps

Schnelle Hilfe bei Schulangst: Tipps von der Expertin

Bauchschmerzen, schlaflose Nächte oder komplette Schulverweigerung: Was können Eltern tun, wenn das Kind vor lauter Angst nicht zur Schule will? Eine Expertin weiss Rat.

Rahel Willi, selbstständige Psychotherapeutin in der Praxisfeldegg in Zürich, präsentiert die gute Nachricht gleich zu Beginn unseres Gesprächs: "Schulangst lässt sich überwinden. Angst ist eine gesunde seelische Reaktion die zeigt, dass etwas nicht stimmt. Den ersten Schritt zur Lösung gehen Eltern, wenn sie die Angst ihres Kindes ernst nehmen und hinterfragen, was sich hinter der Angst verbirgt."

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lic. phil. Rahel Willi

Fachpsychologin für Psychotherapie FSP

Nützliche Informationen

Text/Umsetzung
Annette Bollier

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lic. phil. Rahel Willi

Fachpsychologin für Psychotherapie FSP

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Text/Umsetzung
Annette Bollier

Was ist Angst – und wann wird die Angst zur Störung?

Angst übernimmt in Hinblick auf die Evolution eine wichtige Funktion: Sie warnt uns und schützt uns vor Gefahren. Ohne Angst hätten unsere Vorfahren nicht überlebt. Und auch heute schützt sie uns davor, zu grosse Risiken einzugehen. 
Angst wird dann irrational, wenn Gefahren vermutet werden, wo keine sind. Kinder, die Schulangst haben, möchten der vermeintlich bedrohlichen Situation in der Schule aus dem Weg gehen. Dieses Vermeidungsverhalten ist aber in diesem Fall nicht die Lösung. Wird nichts gegen die Angst unternommen, kann sie chronisch werden und sich zu einer Angststörung entwickeln.

Die zwei Formen der Schulangst

„Eltern reden schnell von Schulangst, wenn ihr Kind sich weigert, in die Schule zu gehen. Es ist wichtig zu wissen, dass sich Schulangst in zwei unterschiedlichen Formen zeigt“, erklärt die Psychologin, „Wir unterscheiden die klassische Schulangst von der Schulphobie. Denn bei diesen beiden Formen der Schulangst liegen jeweils andere Ursachen zugrunde.“
Klassische Schulangst: Innerhalb der klassischen Schulangst wird zwischen Leistungsangst und sozialer Angst unterschieden. Bei der Leistungsangst hat das Kind übermässige Angst, bei Prüfungen zu versagen. Im Vergleich mit anderen Kindern fühlt es sich minderwertig. Schulangst kann sich auch als soziale Angst zeigen. Das Kind fürchtet den Austausch mit Lehrpersonen oder Mitschüler:innen oder hat Angst vor Vorträgen. 
Schulphobie: Hier liegt der Grund für die Angst nicht in der Schule selbst, sondern in der Trennung von den Bezugspersonen des Kindes. Das Kind überträgt die Angst vor der Trennung auf Dinge oder Personen, die mit der Schule in Verbindung stehen. 

Auf das Thema Mobbing als Grund für Angst vor der Schule wird in diesem Artikel nicht eingegangen. Mobbing ist ein schwerwiegender Angriff auf das Kind, der gemeinsam von Eltern, Schule und Fachpersonen sofort gestoppt werden muss.
 

Der Angst auf den Grund gehen

"Für beide Formen der Schulangst gibt es Behandlungsmöglichkeiten", sagt Rahel Willi.
„Zuerst müssen wir herausfinden, was sich hinter der Angst versteckt“, erklärt sie und rät mittels folgender Fragen zu einem Schritt für Schritt-Vorgehen:

Stufe 1:

  • Ist das Kind mit dem Lernstoff überfordert?
  • Leidet es unter einer Lese- oder Rechenschwäche?
  • Braucht es eine Brille? Hört es schlecht?

Stufe 2:

  • Steht das Kind unter dem Druck, Leistung zu erbringen oder setzt es sich mit hohen Erwartungen an sich selbst unter Druck?
  • Ist das Kind sehr schüchtern? Spielt Scham eine Rolle?
  • Hat das Kind Angst, mit der Lehrperson oder Mitschüler:innen in Kontakt zu treten oder mit ihnen zu interagieren?

Stufe 3:

  • Wird das Kind gemobbt?
     

Rahel Willi empfiehlt in jedem Fall mit der Lehrperson Kontakt aufzunehmen: "Erste Fragen werden so geklärt und die Lehrperson kann in der Schule Vorkehrungen treffen, dass das Kind sich dort sicherer fühlt."

 

 

Symptome und Ursachen von Schulangst und Schulphobie

Schulangst

Mögliche Symptome:
Leistungsangst: Das Kind hat Angst vor Prüfungen. Die Angst vor schlechten Noten verursacht schon vor der Prüfung Schlaf- oder Konzentrationsprobleme. Das Kind wirkt oft bedrückt und mutlos.
Soziale Angst: Das Kind fühlt sich von Mitschüler:innen und Lehrpersonen abgelehnt oder ungerecht behandelt. Das Kind hat Angst vor den Pausen oder dem Schulweg.
Mögliche Ursachen:
Schulangst kann auftreten, wenn der Leistungsdruck von Eltern und Lehrpersonen zu hoch ist oder wenn das Kind wiederholt mit anderen Kindern oder Geschwistern verglichen wird. Kinder können ebenso an den eigenen, hohen Leistungsansprüchen scheitern. Ein geringes Selbstwertgefühl begünstigt soziale Angst wie Scham oder kann dazu führen, dass Bewertungssituationen bedrohlich wirken.

Schulphobie

Mögliche Symptome:
Das Kind weigert sich, in die Schule zu gehen oder kehrt auf dem Weg dorthin plötzlich wieder heim. Es klagt über Übelkeit, Schwindel, Kopf- oder Bauchschmerzen. Sind die Bezugspersonen in der Schule anwesend, ist das Kind beschwerdefrei. Ausserhalb der Schulzeit deutet in der Regel nichts auf Schmerzen oder Unwohlsein hin. Bei der Abklärung findet der Arzt oder die Ärztin keine Ursache.
Mögliche Ursachen:
Schwierige Familienkonstellationen, belastende Lebensereignisse, ängstliche Eltern oder eine überbehütete, aber gleichzeitig unsichere Bindung können die Entstehung einer Schulphobie begünstigen.

 

Weitere Symptome für beide Formen der Angst sind Alpträume, Durchfall, Erschöpfung, Gereiztheit und Verhaltensauffälligkeiten wie Nägelkauen, Stottern oder Bettnässen.

Wege aus der Angst – 6 Tipps von der Expertin

Schulangst und Schulphobie können behandelt werden, beruhigt Rahel Willi und hat für beide Formen der Schulangst 6 Tipps für betroffene Familien:

1. Nimm dein Kind ernst

Die Angst ist für das Kind real. Höre ihm zu und zeige Verständnis für seine Situation.

2. Sprich mit deinem Kind über die Angst

Es ist wichtig, über die Angst zu sprechen. Eltern, die ihr Kind ermutigen, die Angst anzuschauen und sie in Worte zu fassen, helfen ihm auch, sie besser zu verstehen. Vielleicht hat dein Kind sogar Ideen, wie es seine Angst überwinden kann?

3. Schick dein Kind weiterhin zur Schule

Aus Sicht der heutigen Psychologie soll das Kind weiterhin regelmässig zur Schule gehen. Für Rahel Willi ist eine klare Haltung zentral: „Zeige deinem Kind auf, dass das Problem sich verschlimmert, wenn es der Angst aus dem Weg geht. Gib ihm ein Plüschtierli mit in den Thek oder koche ihm einen Tee gegen das Bauchweh, aber mache ihm klar, dass es keine Möglichkeit gibt, zuhause zu bleiben.“

4. Informiere die Lehrperson

Denn sollten sich die Symptome in der Schule verschlimmern, darf das Kind der Lehrperson Bescheid sagen. Zum Arzt kannst du immer noch nach der Schule, sollten die Probleme dann noch bestehen. Bei Konflikten mit der Lehrperson oder anderen Kindern ist der/die Schulsozialarbeiter:in die richtige Ansprechperson.

5. Belohne das Vermeidungsverhalten nicht

Belohne dein Kind nicht mit Fernseher oder Computerspielen, wenn es zuhause bleibt, es ihm körperlich aber besser geht.

6. Hole Hilfe

Extreme Schulangst lösen Eltern selten alleine. Hole rasch familientherapeutische Hilfe. Eine externe Fachperson kann die Ursachen für die Schulphobie oder die Schulangst erkennen und unterstützt in Zusammenarbeit mit den Bezugspersonen das Kind auf dem Weg zur emotionalen Selbstständigkeit. Eltern lernen, wie sie ihr Kind im Prozess unterstützen. 
Je früher dies der Fall ist, desto besser kann das Problem ganzheitlich behandelt werden.

Diese Lieblingsprodukte unterstützen dein Kind emotional

"In jedem Winter liegt ein bisschen Frühling", sagt der Dichter Khalil Gibran und meint damit, dass in jedem schwierigen Tag auch etwas Gutes zu finden ist. Studien zeigen, dass das Aufschreiben der positiven Begebenheiten des Tages hilft, die Resilienz und das Wohlbefinden zu steigern. In einem Notizbuch kann dein Kind diese Momente täglich festgehalten. Ein Plüschtierli im Schulthek ist ein heimlicher Begleiter und wenn der Glaube Berge versetzt, dann zaubert der Glückstee Glück in den Alltag deines Kindes. Eine aufmunternde Notiz im Etui zeigt deinem Kind, dass du für es da bist.

Foto: Getty Images

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