Erziehung und Entwicklung

Erste Liebe: Eben noch ein Baby – plötzlich verliebt

Wenn Sohn oder Tochter sich das erste Mal verlieben, bricht auch für Eltern eine spannende Zeit an. Wo dürfen, können oder sollen sie sich (noch) einmischen?

Im Piemont hatte Hannah zum ersten Mal Schmetterlinge im Bauch. Dafür sorgte Luca, der im selben Agriturismo Ferien machte. Die Erwachsenen fanden es herzig, wenn sich die 11- und der 13-Jährige hinterm Pool zum Händchenhalten trafen und sich heimlich verliebte Blicke zuwarfen. „Das geht schnell vorbei“, dachte Judith, Hannahs Mutter. Schliesslich trennten die beiden Frischverliebten im Alltag fast 150 Kilometer. Doch zu Hause folgten tausend WhatsApp-Nachrichten und unzählige Telefonate. Täglich. Für Vokabeln oder Mathe hatte das Mädchen keinen Kopf mehr. Judith erbarmte sich schliesslich und fuhr mit ihr für einen Tag zu Luca. Sie selbst traf sich mit einer Freundin, um den Verliebten Zeit alleine zu gönnen. „Eine gute Reaktion“, findet Gabrielle Marti, Fachstellenleiterin der Jugendberatung Zürich. Sie zeige: die Eltern nehmen die Tochter ernst und respektieren ihre Gefühle.

Erste Liebe: Welche Grenzen können Eltern setzen?

Als sich Luca jedoch übers Wochenende ankündigte, nahm Hannahs Vater die erste Liebe seiner Tochter nicht mehr so entspannt. „Wo schläft der Junge?“, fragte er seine Frau verunsichert. „Hannah ist gerade mal 11!“ „Reden Sie mit ihr“, empfiehlt Psychologin und Psychotherapeutin Marti in solchen Situationen. „Was will das Kind? Was für Vorstellungen von Nähe hat es? Berücksichtigen Sie dabei seine emotionale Entwicklung, nicht nur das Alter. Bei Kindern, die altersentsprechend aufgeklärt wurden, lässt sich thematisieren, dass Nähe und Zärtlichkeiten nicht zwingend gleichzusetzen sind mit Sexualität.“ Sind beide noch so jung, sollten auch die Eltern des Freundes ins Boot geholt werden. Martis Empfehlung: Tagsüber zusammen, nachts getrennte Zimmer – diese Regel lasse sich auch mit Schullager-Erfahrungen begründen. „Es geht um Schutz für beide; schliesslich ist es wichtig, dass die ersten sexuellen Erfahrungen schön sind.“

Tagsüber zusammen, nachts getrennte Zimmer

Auch bei Hannah und Luca fiel das Votum auf getrennte Zimmer. Hannahs Vater atmetet auf, seine Frau belächelte ihn. Bis ihr Kind zu gemeinsamen Skiferien mit Lucas Familie eingeladen wurde, und „wir teilen uns ein Doppelzimmer“, verkündete. „Möchtest du das?“, fragte sie Hannah in einem ruhigen Moment – so, wie die Psychologin es raten würde: auf Augenhöhe begegnen. Die 11-Jährige wirkte fast erleichtert über die Frage: „Ich glaube, ich gehe lieber mit euch in die Berge“, sagte sie zu Judiths Überraschung. Eine Weile hielt die Flut an WhatsApp-Nachrichten noch an, dann verebbte sie. Was genau geschah? „Du musst nicht alles wissen“, beschied Hannah ihrer Mutter.

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Teenager Erziehungtipps

Text: Kristina Reiss

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Mein Kind hat sich verliebt – und nun?

  • Frisch verliebt: Das Kind ernst nehmen, Interesse an Freund oder Freundin zeigen
  • Ich halte nichts vom Freund meines Kindes: Im Ablöseprozess wird der Einfluss der Peergroup grösser und der der Eltern kleiner. In Beziehung zum Kind bleiben, ihm vertrauen, Freund oder Freundin erstmal kennenlernen.
  • Mein Kind ist nicht mehr wiederzuerkennen: Werden nach der ersten Verliebtheit wichtige Lebensbereiche wie Hobbys, Schule und andere Freuend*innen vernachlässigt, sollten Eltern mit ihrem Kind Regeln vereinbaren: Wieviel Zeit wird künftig mit was verbracht?
  • Was tun bei Liebeskummer? Ein offenes Ohr haben ohne auszufragen. Versuchen, den Teenager auf andere Gedanken zu bringen. Aushalten, dass er traurig ist.
  • Infos und Beratung: Die Elternberatungsstelle von Pro Juventute hat ein kostenloses Angebot für Eltern von Kindern und Jugendliche, die Fragen zu Erziehung und Entwicklung haben. 

Quelle: Gabrielle Marti, Leiterin Jugendberatung Zürich

Bild: Getty Images

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