Hilfe, mein Kind ist verliebt – was jetzt?
Wenn Teenager sich zum ersten Mal verlieben, ist das für Eltern oftmals verwirrend. Vier mögliche Alltagssituationen – und was die Psychologin rät.
Der 12-jährige Lino verkündet voller Freude, dass er verliebt ist. Die Eltern reagieren verunsichert und fragen sich, wie sie diese Nachricht einordnen sollen: Darüber hinwegschmunzeln oder ernst nehmen?
«Unabhängig vom Alter sind Gefühle von Verliebtheit echt und sollten ernst genommen werden», erklärt Beate Schwarz, Entwicklungs- und Familienpsychologin an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW.
Zuhören, sich interessieren und sich vielleicht sogar über die neu gefundenen Gefühle freuen – all das bildet eine Basis des Vertrauens zwischen Eltern und Sohn. Und Vertrauen ist in der Pubertät besonders wichtig. Denn während die Sprösslinge im Kindesalter noch gerne alles zu Hause erzählen, wendet sich das Blatt schlagartig bei Teenagern. Dann sind die Eltern darauf angewiesen, dass Kinder weiterhin berichten, was sie beschäftigt.
«Signalisieren Eltern ihren Kindern immer wieder, dass sie offen für Gespräche sind, ohne voreilig zu bewerten oder zu verurteilen, wenden sich die Kinder auch im Jugendalter an die Eltern mit ihren Problemen», so Schwarz.
Die 15-jährige Lena ist seit einem halben Jahr mit ihrem ersten Freund Sascha zusammen. Die beiden verbringen viel Zeit bei Lena zu Hause. Der Junge wirkt unmotiviert, lässt Tasche und Schuhe im Hauseingang liegen und schafft es nur knapp, Lenas Eltern zu grüssen. Sascha ist den Eltern unsympathisch – sollen sie das Lena sagen?
Nein, rät die Familienpsychologin: «Kritik am Freund könnte dazu führen, dass Lena sich distanziert und erst recht an der Beziehung festhält.» Spricht Lena ihre Eltern darauf an, sollten sie natürlich nicht lügen.
Dabei macht der Ton die Musik: Kritik lässt sich auch ohne zu verletzen anbringen. Lenas Eltern sollten auch probieren, mit Sascha ins Gespräch zu kommen, um ihn besser kennenzulernen.
Und wenn er auch dann noch unsympathisch ist? «Dann dürfen die Eltern Hoffnung daraus schöpfen, dass viele Jugendbeziehungen nicht so lange halten», sagt Schwarz mit einem Augenzwinkern. Die Pubertät ist für Eltern und Kinder eine anstrengende Zeit – «in schwierigen Phasen hilft manchmal auch eine Prise Humor.»
Nach zwei Jahren ist die Beziehung von Andreas (17) zu Ende: Er verkriecht sich seither nach der Schule immer mehr in seinem Zimmer und taucht nur kurz fürs Abendessen auf. Spricht ihn seine Mutter auf das Thema an, reagiert er abweisend.
«Jetzt ist es wichtig, dass Andreas Mutter seine Grenzen respektiert», sagt Beate Schwarz. Ein Gespräch zu forcieren, ist kontraproduktiv. Besser ist es, wenn die Mutter Andreas signalisiert, dass sie offen ist für ein Gespräch, aber nichts erzwingen will.
So kann Andreas selbst entscheiden, ob und wann er über seinen Liebeskummer sprechen möchte. «Oft tauschen sich Jugendliche über solche Themen auch lieber mit ihren Freunden aus, das müssen Eltern respektieren.»
Die vierköpfige Familie geht wie jedes Jahr eine Woche in die Berge in die Ferien. Doch dieses Jahr möchte die 14-jährige Lilli ihren Freund Markus mitnehmen. Plötzlich wird es Lillis Eltern flau im Magen beim Gedanken, dass die beiden im gleichen Bett schlafen möchten. Sie überlegen sich, Lillis 10-jährigen Bruder im gleichen Zimmer einzuquartieren.
Ziehen Lillis Eltern ihren Plan durch, signalisieren sie ihrer Tochter dadurch, dass ihnen die Situation unangenehm ist, sie aber nicht darüber sprechen möchten. Intimität wird damit zum Tabuthema. Das kann dazu führen, dass sich Lilli in Zukunft Informationen über Sexualität überall ausser bei ihren Eltern holt.
Besser ist es, wenn die Eltern das Gespräch mit ihrer Tochter suchen: «Vielleicht ist Lilli noch gar nicht an Intimität interessiert», sagt Schwarz. Falls doch: Dann ist eine altersgerechte Aufklärung essentiell – diese sollte aber schon vor der Pubertät beginnen.
Solche Gespräche sind weder für Eltern noch Kinder einfach: «Schaut die Familie gemeinsam eine Serie oder einen Film und darin wird Sexualität thematisiert, können die Eltern das nutzen und anhand der Szene das Gespräch suchen.» Dabei umfasst Aufklärung mehr als nur Sexualkunde, auch emotionale Reife, eigene Bedürfnisse wahrnehmen und Grenzen setzen gehören dazu.
Nützliche Informationen

Beate Schwarz ist Entwicklungs- und Familienpsychologin an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW.
Bild: zur Verfügung gestellt
Mehr zur Teenager-Erziehung
verpassen