Babys erstes Jahr

Interview: Die Entwicklung von Babys vergleichen – geht das überhaupt?

Säuglinge entwickeln sich schnell, aber auch extrem unterschiedlich. Entwicklungspsychologe Moritz Daum erklärt, warum Eltern ihre Babys nicht vergleichen sollten.

Prof. Dr. Moritz Daum ist Leiter der Fachrichtung Entwicklungspsychologie an der Universität Zürich. Sein Fokus liegt auf der sozial-kognitiven Entwicklung und der frühen Kindheit. Er ist 46 Jahre alt und hat drei Kinder.

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Das Wichtigste in Kürze:

  • Die motorische Entwicklung von Babys unterscheidet sich stark.
  • Nach einigen Monaten gleichen sich Unterschiede in der Baby-Entwicklung oft aus.
  • Mütter und Väter, die Entwicklungsverzögerungen vermuten, wenden sich am besten an ihren Kinderarzt.

  

«Oh, Max kann ja schon ganz alleine sitzen! Und wie oft der lächelt! Bei meinem Kind ist das ganz anders»: Eltern kennen solche Benchmarking-Gedanken: Überall scheinen Babys zu sein, die mindestens besser schlafen oder immer wieder Dinge lernen, die das eigene nicht ansatzweise interessieren.
Aber ist es überhaupt sinnvoll, die Baby-Entwicklung zu vergleichen? Oder sollte man lieber entspannt weghören, wenn eine befreundete Mutter voller Begeisterung erzählt, welche neuen Fähigkeiten ihr Nachwuchs seit dem letzten Schub schon hat?

So individuell sind Entwicklungsschübe wirklich

«Sich mit anderen Eltern zu vergleichen, passiert ganz automatisch. Das kann man fast nicht verhindern», weiss Moritz Daum. Der Entwicklungspsychologe an der Universität Zürich ist selbst dreifacher Vater. Er sagt: «Eltern mehrerer Kinder haben es etwas leichter, weil sie auf ihre eigene Erfahrung zurückgreifen können. Aber Eltern Erstgeborener sind möglicherweise noch unsicher, was die Entwicklung des eigenen Kindes angeht. Sie fragen sich eher, ob sie alles richtig machen und ob sich ihr Kind bestmöglich entwickelt. Wenn sie dann andere Kinder beobachten, die in ihrer Entwicklung schon weiter sind, können sie ins Grübeln kommen.»
Doch Moritz Daum gibt Entwarnung: «In den meisten Fällen ist das gar nicht nötig. Es gibt riesige Unterschiede in der Entwicklung von Kindern, insbesondere bei Säuglingen. Die einen laufen schon mit zehn Monaten, andere erst mit 18 Monaten. Manche sprechen ihr erstes Wort viel früher als andere.»
Vor allem bezüglich der Motorik gebe es grosse Unterschiede in der Baby-Entwicklung. Dabei komme es auf den individuellen Reifungsprozess des Kindes an, aber auch darauf, wie ein Kind von seinen Eltern animiert werde. Trotzdem: «Sollte es zwischen Säuglingen Unterschiede in der Entwicklung geben, sind die meist nach ein paar Monaten sowieso verschwunden», sagt er.

Sich selbst und das Baby nicht stressen

Doch was, wenn man selbst sich mit Vergleichen möglichst in Zaum gehalten hat, aber andere immer wieder von Entwicklungsschüben berichten und Vergleiche ansprechen? Daums Rat: «Höre mit grossem Interesse zu. Bleibe aber gleichzeitig selbstbewusst: Erinnere dich stets daran, dass sich die Entwicklung zwischen Kindern immens unterscheiden kann.»
Soll man die Entwicklungsschübe des eigenen Babys oder Kleinkinds dennoch genau im Auge behalten? «Ja, unbedingt, es gibt nichts schöneres, als das eigene Kind wachsen zu sehen», findet Daum, fügt aber hinzu: «Die Eltern sollten dabei entspannt bleiben, staunen und sich freuen, was auch immer ihr Kind gerade gelernt hat. So wird das Kind sicher gefördert, aber nicht von den Erwartungen der Eltern gestresst.»
Um eine ungefähre Vorstellung von den Entwicklungsstufen ohne den direkten Eins-zu-Eins-Vergleich zu bekommen, gebe es hilfreiche Plattformen im Internet, zum Beispiel die von Moritz Daums Mitarbeitern entwickelte Website www.weltentdeckerapp.ch.  «Das ist ein frei verfügbares digitales Tagebuch, mit dem man die Entwicklung des Kindes begleiten kann», erklärt der Psychologe.

Richtig handeln bei starken Entwicklungsverzögerungen

Und wenn Eltern sich dennoch – und vielleicht sogar begründet – Sorgen machen, dass sich ihr Säugling nicht normal entwickelt, wenig Neues zu lernen scheint und Entwicklungsschübe zu lange auf sich warten lassen? Wenn er das Krabbeln einfach nicht lernen will oder ein Wachstumsschub scheinbar ausblieb?
«Viele Störungen werden über das Verhalten der Kinder diagnostiziert. Bei Geburt werden die Reflexe und Reaktivität zum Beispiel über den sogenannten APGAR-Index geprüft», erklärt Moritz Daum.
Gute Reflexe seien Indikatoren für die Gesundheit des zentralen Nervensystems. Wenn Eltern an ihrem Kind etwas Besorgniserregendes auffällt, sollten sie sich an ihren Kinderarzt oder ihre Kinderärztin wenden.

Welche neuen Fähigkeiten dein Kind zwischen dem 4.-6. Monat womöglich schon hat

 

Körperliche Entwicklung

  • Fürs Krabbeln ist es noch etwas früh, aber das Kind kriecht, wenn es auf dem Bauch liegt, normalerweise zuerst rückwärts und später vorwärts.
  • Das Kind kann sich nach rechts und nach links rollen.
  • Das Baby kann sich aus einer zusammengekauerten Position heraus ausstrecken.
  • Es sitzt schon für einen längeren Zeitraum.
  • Der Säugling hält seinen Kopf aufrecht über dem Körper, wenn Mama oder Papa ihn zum Sitzen hochziehen.
  • Der Säugling steht gerne mit Hilfe.
  • Das Baby nimmt viele Gegenstände oder seine Füsse in den Mund. 
  • Es kann kleine Gegenstände mit den Fingern greifen.
  • Das Baby kann sein Fläschchen selbst halten.
  • Der Moro- oder Umklammerungsreflex nimmt ab.
  • Das Baby balanciert auf dem Bauch wie ein kleiner Flieger, während es Arme und Beine ausstreckt.

 
Intellektuelle Entwicklung

  • Das Baby versteht, dass etwas existiert, auch wenn es gerade nicht zu sehen ist.
  • Es mag Spiele wie zum Beispiel „Gugus“.
  • Es erkennt die eigene Stimme.
  • Es kommuniziert mit sich im Spiegel.
  • Schlafen ist nicht mehr seine Haupttätigkeit: Der Säugling ist etwa zwei Stunden am Stück wach und aufmerksam.

 
Soziale und emotionale Entwicklung

  • Das Baby dreht sich in die Richtung, aus der es eine Stimme hört.
  • Es kann Kinder von Erwachsenen unterscheiden und streckt die Arme aus, um vorbeigehende Kinder anzufassen.
  • Es fängt an, seine Persönlichkeit zu zeigen.
  • Das Baby weint, wenn die Mama weggeht.


Sprachentwicklung

  • Der Säugling gibt Vokal-Konsonant-Laute von sich.
  • Das Baby brabbelt viel vor sich hin, wenn es aufgeregt ist.

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Fotos: Getty Images / zVg Moritz Daum

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