Spielend lernen: So macht Frühförderung Spass
Brauchen Kinder Frühförderung? Oder entwickeln sie sich von ganz allein? Nach Ansicht der Wissenschaft ist beides richtig. Wir erklären, wie du dein Kind dabei unterstützen kannst.
Nützliche Informationen
Wie schön wäre es, wenn das Kind gut und erfolgreich durchs Leben käme! Doch was braucht es dazu? Viele Eltern plagt die Sorge, der Nachwuchs könne in der Konkurrenz einer globalisierten Welt zum Verlierer werden. Eltern wollen deshalb früh ihre Kinder fördern und ihnen optimale Startbedingungen ermöglichen. Frühförderung – so lautet das Schlagwort. Doch ist Frühförderung wirklich notwendig? Wie unterstützt man das Kind im Alter von zwei Jahren am besten in seiner Entwicklung und beim Lernen?
Das Wichtigste in Kürze:
- Kinder benötigen kaum Frühförderungskurse.
- Stattdessen brauchen Kinder viel Zeit zum Spielen. Denn Spielen bedeutet, sich die Welt anzueignen. Spielen ist Lernen.
- Eltern können Kinder fördern, indem sie ihre Interessen aufgreifen.
- Gemeinsame Spiel- und Bastelaktionen, Ausflüge und Experimente sind die beste Frühförderung.
Wie sinnvolle Frühförderung aussieht
Für ein gutes und erfülltes Leben brauchen Kinder keine frühen Kenntnisse und Fertigkeiten. Wichtiger, um gut durchs Leben zu kommen, sind ganz andere Eigenschaften. Selbstwertgefühl, Selbstvertrauen, Einfühlungsvermögen, soziale Fähigkeiten, Frustrationstoleranz gehören dazu. Diese Eigenschaften lernen Kinder in der Familie.
Die Kindheit ist zum Spielen da. Kinder spielen zu lassen, ist die beste Art der Frühförderung und eine, die erst noch Spass macht. Kinder wollen spielen, fast jederzeit. Wie gut, dass ihr Spieldrang kaum zu bremsen ist. Denn beim Spielen eignen sich die Kleinen die Welt an, in ihrem eigenen, individuellen Tempo. «Spielen macht schlau», sagt Prof. André Zimpel von der Universität Hamburg. «Im freien Spiel suchen Kinder aktiv Anforderungen, die am besten zu ihren Fähigkeiten passen. Kein Förderprogramm kann das leisten.»
Wie Frühförderung gelingt – und zwar ganz einfach
Und was kann die Familie sonst noch beitragen? Am besten hören Eltern ihrem Kind gut zu und beobachten es. Interessiert es sich im Moment vor allem für Baustellenfahrzeuge? Seine Faszination für die Grösse und Kraft der Maschinen bietet ihm vielseitige Lernmöglichkeiten. Eltern können zum Beispiel so vorgehen und folgende Aktivitäten und Angebote nutzen.
An die aktuellen Interessen des Kindes anknüpfen, z.B. «Baustelle»:
- Kleiner Ausflug:
Eltern können mit dem Kind eine Baustelle besuchen und zusehen, wie der Bagger gräbt, der Kran schwingt und die Walze den Beton glättet. Dabei ergeben sich manche Fragen, die Eltern beantworten können. So gewinnt das Kind nicht nur neue Erkenntnisse. Ganz nebenbei lernt es neue Worte, zum Beispiel für Werkzeuge, Farben und Prozesse. - Bücher gucken:
In der Bibliothek lassen sich Bücher zum Thema ausleihen. Zu Hause, beim Anschauen der Pappbücher, wird das Interesse an Büchern geweckt. Bücher sind ein Schatz fürs Leben, denn sie erweitern immer wieder den Horizont, öffnen Lebens- und Fantasiewelten. - Gemeinsam spielen:
«Brumm, brumm, Bagger komm»: Beim Spiel mit den Baustellenfahrzeugen kann das Kind Erlebtes und Gesehenes verarbeiten und seiner Fantasie freien Lauf lassen. Ein kleines Verkehrsschild, das aufgestellt wird, zeigt schon jetzt an, dass eine Gemeinschaft auf gemeinsamen Regeln beruht. Spielen Eltern oder andere Kinder mit, macht das Kind immer wieder neue Erfahrungen darüber, wie Kooperation funktioniert – und wie nicht. - Bauen und Konstruieren:
Vielleicht möchte das Kind aus grossen Bausteinen selbst ein Fahrzeug bauen? Dabei schult es sein Abstraktionsvermögen. Eltern, die das Kind bei seinen kleinen Versuchen ermutigen, fördern ausserdem sein Selbstvertrauen und auch seine Fähigkeit, mit dem Frust des Scheiterns umzugehen. - Basteln:
In einer Zeitung sind Baustellenfahrzeuge abgebildet. Eine tolle Möglichkeit, sie mit der Kinderschere grob auszuschneiden und auf Pappe zu kleben. Das neu entstandene Bild lässt sich mit einem kleinen Nagel im Kinderzimmer aufhängen. Beim Ausschneiden, Kleben und Hämmern schult das Kind ganz nebenbei seine Feinmotorik. Zahlreiche Bastel-Ideen findest du hier.
Die Beispiele zeigen: Wer die aktuellen Interessen seines Kindes aufgreift und Anregungen gibt, sorgt ganz automatisch für vielseitiges Lernen mit Spass. Dafür brauchts keinen Kurs oder ein spezielles Angebot der Frühförderung. Alles, was Eltern dafür brauchen, ist Zeit, in der sie Ideen aufgreifen und mit ihrem Kind aktiv sind. Dieses Vorgehen fördert die Entwicklung von Ihrem Kind am meisten.
Kinder fördern mit Augenmass
Natürlich ist es schön, wenn Eltern in einem Kurs für Babymassage oder in einer Spielgruppe Kontakte zu anderen Eltern knüpfen und mit einer Vielzahl neuer Anregungen nach Hause gehen. Und liebt ein Kind Musik, besucht es sicher gern einen Kurs für Musikalische Frühförderung. Ein besonders bewegungsfreudiges Kind ist dagegen sicher in einer Turngruppe gut aufgehoben.
Doch mit dem Kind von einem Kurs zum anderen zu wandern, ist unnötig. Kinder brauchen keine Fülle an Kursen. Sie brauchen Bezugspersonen, die sich mit ihnen zusammen an spontane Herausforderungen wagen.
Zu früh, zu viel: Experten sind skeptisch
Vokabeln schon im Kita-Alter lernen, Turnen, Ballett, Musikunterricht – im Kindergarten und in den ersten Jahren der Schule haben Kinder heute oft schon mehrere Termine pro Woche. Experten sehen das skeptisch. «Lasst die Kinder los!», fordert zum Beispiel die Schweizer Erziehungswissenschaftlerin Professor Margrit Stamm. Und die systemische Familienberaterin Felicitas Römer mahnte schon in ihrem Buch ‚Arme Superkinder‘: «Eltern sollten sich und ihre Kinder nicht vereinnahmen lassen, stattdessen die Förderungshysterie mit Abstand sehen.»
Foto: Getty Images
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