Von Gemüse bis zur Schoggi: Wie Kinder die Welt des Geschmacks entdecken
Zucker hui, Gemüse pfui? Der Geschmacksinn von kleinen Kindern ist viel ausgeprägter als bei Erwachsenen. Süsses kommt besser an als Saures, Salziges oder Scharfes. Die Ursache dafür liegt im Gehirn. Zum Glück lässt sich der Geschmackssinn aber beeinflussen und prägen. Wir zeigen dir, wie du dein Kind auf den Geschmack bringst.
Nützliche Informationen
Das Wichtigste in Kürze:
- Kinder schmecken intensiver als Erwachsene: Das ist evolutionär bedingt.
- Das Geschmacksempfinden von Kindern lässt sich beeinflussen
- Kinder sollten nicht gezwungen werden, bestimmte Nahrungsmittel zu sich zu nehmen, wenn sie ihnen nicht schmecken, probieren Sie stattdessen gleichwertige Alternativen aus (z.B. Tomätli statt Rüebli)
- Eltern prägen durch ihr Vorbild die Essgewohnheiten ihrer Kinder.
Kleinkinder wissen oft schon sehr genau, was ihnen schmeckt und was nicht. Und in der Regel bevorzugen sie süsses Essen vor salzigen oder scharfen Sachen. Das hat einen einfachen Grund: Geschmack entsteht auch im Gehirn und Kinder haben noch die Süsse der Muttermilch in Erinnerung. Ausserdem haben sie noch mehr Geschmacksknospen als Erwachsene.
Der Geschmack wird schon im Mutterleib geprägt
Viele vor allem auch gesunde Sachen sind nicht süss. Und darum müssen Eltern darauf achten, dass Kinder Nahrungsmittel aus allen Geschmacksrichtungen zu sich nehmen und so ihren Geschmack erkunden und prägen. Um Kinder auf den „richtigen“ Geschmack zu bringen, sollten Eltern – wie immer – auf keinen Fall Druck anwenden oder Zwang ausüben. Ein Kind zum Beispiel dazu zu zwingen, ein Röschen Brokkoli zu essen, ist alles andere als zielführend. Es könnte eine lebenslange Abwehr dagegen entwickeln.
Wie so oft in der Erziehung kommt man behutsam besser ans Ziel. Denn auch einem Gemüse verweigernden Kind kann man grünes Essen schmackhaft machen. Damit kann man schon früh beginnen. Studien legen nahe, dass selbst die Ernährungsgewohnheiten einer Schwangeren die Geschmacksempfindungen eines Fötus prägen, weil sich das Fruchtwasser durch vorwiegend salzige oder süsse Nahrung geschmacklich verändert. Und so geht das mit der Muttermilch, die allerdings vorwiegend süsslich schmeckt, weiter. Hat erst einmal die Beikostphase begonnen, liegt es in den Händen der Eltern das Spektrum des Geschmacksempfindens ihres Kindes beträchtlich zu prägen.
Die ganze Bandbreite schmecken lassen: Welches Lebensmittel schmeckt wie?
Wer nur Kartoffel- oder Möhrenbrei als Baby bekommt, wird später auch weniger offen sein Neues auszuprobieren. Abgesehen vom Standardbrei, ist deshalb jetzt der richtige Moment, alle möglichen für Kleinkinder geeigneten Nahrungsmittel anzubieten. Viele Eltern wechseln ab zwischen selbstgekochtem Brei und Gläschenkost mit verschiedenen Gemüsekombinationen. Zur Abwechslung ist es sinnvoll, dem Baby die verschiedenen Geschmacksrichtungen immer mal wieder getrennt anzubieten: Gemüse da, Nudeln dort. Reis hier, Apfelmus dort. So kann das Kind jede einzelne Geschmackskomponente auf dem Gaumen wahrnehmen.
Spätestens mit dem Fingerfood geht die Orientierung dann noch einfacher, weil die Kinder die Essenkomponenten einzeln in die Hand nehmen. Aber dann ist die Grundlage bestenfalls für eine Offenheit gegenüber neuen Lebensmitteln bereits gelegt. Und das Kind freut sich über die vielen neuen Geschmackserfahrungen.
Der Ursprung des Geschmackssinns
Dass Kinder von Geburt an mehr Geschmacksknospen haben als Erwachsene und deshalb viel intensiver schmecken, ist evolutionär bedingt. Für die Ur-Menschen war der Geschmackssinn überlebenswichtig: Sie konnten durch den Geschmack giftige von ungiftiger Nahrung unterscheiden. Eher bitter, sauer oder scharf schmeckende Beeren oder Pflanzen gehörten zu den möglicherweise unbekömmlichen Nahrungsmitteln. Erst mit der Zeit entwickelten Menschen andere Möglichkeiten, Lebensmittel zu unterscheiden und zu bewerten. Die Geschmacksknospen verloren dadurch an Wichtigkeit und der Geschmackssinn verkümmerte immer mehr. Von den früher rund 10’000 Knospen bleiben einem Erwachsenen heute noch etwa die Hälfte. Kinder gewöhnen sich langsam daran nicht nur süss als wohlschmeckend zu empfinden. Und saures oder scharfes Essen verliert dadurch mit der Zeit an Intensität.
Eltern prägen den Geschmackssinn unbewusst mit
Sicher sind die einen oder anderen Geschmacksvorlieben genetisch bedingt, aber viel von dem, was Kinder bevorzugen, ist von den Elterngewohnheiten geprägt. Deshalb heisst auch hier wieder: Das Vorbild gilt. Essen Eltern vor ihren Kleinkindern schon viel Gemüse und Vollkornprodukte, werden diese das als normal empfinden und diese Geschmacksrichtungen automatisch für sich als positiv speichern. Auch sollten Eltern vor ihren Kindern nicht das Gesicht verziehen, wenn sie etwas essen und es nicht mögen. Das Kind wird die Reaktion speichern und das Nahrungsmittel womöglich auch ablehnen. Besser man lässt dem Kind die Möglichkeit, seine eigene Meinung zu bilden, indem man neutral bleibt und es so unbelastet herausfindet, was ihm schmeckt.
Ernährungstipps:
- Verwende für Kindermenüs so wenig Salz wie möglich.
- Lass Kinder neue Lebensmittel ausprobieren, zwinge sie aber nicht dazu. Manchmal muss ein Kind einen Geschmack mehrfach probiert haben, bis es ihn mag. Wenn es etwas nicht gleich mag, biete es zu einem anderen Zeitpunkt wieder an.
- Belohne dein Kind nicht mit Süssigkeiten. So wird es auf Süsses und Ungesundes konditioniert.
- Lass dein Kind beim Kochen helfen (umrühren, Gemüse auseinanderzupfen und mehr). Das fördert die Neugier des Kindes auf das fertige Essen.
- Führe neue Lebensmittel ohne Aufsehen ein. Gib dem Kind das Gefühl von Normalität dabei.
Den Geschmackssinn überlisten: Auch Gemüse ist süsslich
Doch was, wenn bei allem guten Bemühen, ein Kind dennoch etwas absolut nicht essen will, zum Beispiel ein bestimmtes Gemüse? Dann bereite das Gemüse einmal auf verschiedene Arten zu: gekocht, gedünstet, gebacken oder roh. Vielleicht liegt es nur an der Konsistenz. Kindern, die allgemein schwierig auf Gemüse reagieren, solltest du anfänglich eher süsslich anmutende Varianten vorsetzen wie Süsskartoffeln, Karotten, Kürbis oder Brokkoli. Spargel, Mangold oder Rosenkohl kommt später dran. Und vielleicht hilft bei dem einen oder anderen verschmähten Tomätchen oder Blumenkohlröschen ja auch eine kleine dazu erfundene Geschichte.
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Foto: Getty Images
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