Familienferien in der SAC-Hütte – Ein Testbericht
Ferien in den Bergen sind ein Erlebnis für Gross und Klein. Unser Autor ist mit seinen knapp 6-jährigen Zwillingen zur Treschhütte im Kanton Uri gewandert und gibt Tipps für weitere SAC-Touren mit Kindern.
Je komplizierter und anspruchsvoller desto besser. Für einen längeren Waldspaziergang sind meine Kinder kaum zu begeistern. Erst wenn sie ihre Wanderschuhe montieren und über Stock und Stein klettern dürfen, sind sie zufrieden und machen begeistert mit.
So entstand die Idee, gemeinsam mit meiner Frau Claudia und den knapp 6-Jahre alten Zwillingen Bastian und Felix zu einer SAC-Hütte zu wandern und dort zu übernachten. Wir sind eine wander-erprobte Familie und waren schon oft in den Bergen unterwegs. Dementsprechend gut können wir einschätzen, zu was unsere Kinder fähig und wo ihre Grenzen sind. Das ist wichtig und Voraussetzung für eine Tour zu einer SAC-Hütte bei der es oft nur heisst: «Jetzt ziehen wir es durch oder kehren um.» Denn eine alternative Route steht selten zur Verfügung.
Nützliche Informationen
Anreise am Vortag hat sich gelohnt
Weil Stress in den Bergen der falsche Begleiter ist, empfehle ich genügend Zeit einzuplanen Deshalb sind wir bereits am Vortag nach Gurtnellen UR gereist und haben im Familienzimmer des gemütlichen Hotel-Restaurants «Bergheim» in Gurtnellen UR (das Essen war hervorragend!) übernachtet.
Gurtnellen ist Ausgangspunkt für unsere erste SAC-Tour zur Treschhütte im Urner Fellital. Sie liegt auf einer Höhe von nur 1475 m ü. M. und ist damit die tiefstgelegene Berghütte der Schweizer Alpen. Das hat einerseits den Vorteil, dass sie sich gut erreichen lässt und andererseits ist der Weg, anders als bei vielen anderen Hütten, bereits im Frühsommer sicher schneefrei – optimal für unseren Einstieg in die SAC-Welt.
Schöner, herausfordernder Aufstieg
Nach dem Frühstück bringt uns der erste (und einzige) Bus um 7.40 Uhr von «Gurtnellen-Dorf» zur Haltestelle «Gurtnellen-Fellital» – Start und Ausgangspunkt unserer Wanderung. Die Übernachtung vor Ort hat sich bewährt: Ohne lange Anreise direkt nach dem Zmorge gesättigt loslaufen zu können, hilft sehr. Bastian und Felix sind motiviert und freuen sich auf den Aufstieg. Und auch wir als Eltern sind entspannt, da wir theoretisch den ganzen Tag Zeit für den Weg haben, die Zeit geniessen können und uns auch ab und zu – das heisst gefühlt alle 100 Meter – mit Schnecken, Blättern, Blumen oder Kräutern beschäftigen.
Die erste Dreiviertelstunde führt auf einem sehr gut gepflegten Weg langsam nach oben. Danach müssen sich Wandernde erstmals entscheiden: Entweder man nimmt die steile Abkürzung mit kleineren Kletterpartien über Wurzeln und Steine, oder entscheidet sich für den gut begehbaren Fussweg. «Der ist langweilig», befand Bastian und steuerte direkt auf den «Geheimweg» zu. Die Entscheidung war intuitiv richtig: Voller Begeisterung klettern beide Jungs die Strecke hinauf und freuen sich über die Herausforderung.
Nach rund zwei Stunden ist Halbzeit, wobei Familien mit grösseren Kindern rund eine halbe Stunde schneller sein dürften. Ab diesem Zeitpunkt führt der Weg dem wild rauschenden Fellibach, einem Zufluss der Reuss, entlang. Die Strecke ist wunderschön. Sie führt durch eine abwechslungsreiche, steinige und bewaldete Landschaft, die teilweise von Kühen bewohnt ist und zwischendurch sogar eine kurze Abkühlung im Fellibach zulässt.
Insgesamt vier Stunden benötigen wir für den Aufstieg zur Treschhütte. Die Begrüssung des Hüttenwart-Teams um Franziska Kunz-Waser ist herzlich. Wir fühlen uns sofort wohl und erhalten zum Zmittag feine Spätzli und Rösti serviert. Rund ums Haus gibt’s Spiel- und Bademöglichkeiten für die Kinder – drinnen hats Jasskarten und andere Spiele, die genutzt werden können. Die Kinder sind froh um die Abwechslung und geniessen die Ruhe und das Kartenspielen.
Familienzimmer sorgt für Entspannung
Bei der Übernachtung, die wir in einem der beiden Familienzimmer verbringen dürfen, sind Nachtessen und Frühstück inbegriffen. Das Essen schmeckt hervorragend und ist ein toller Abschluss des Tages bzw. ein Start in den nächsten. Wir als Eltern sind froh, nicht in einem Massenschlag übernachten zu müssen. So müssen wir uns nicht sorgen, die Kinder könnten Mitten in der Nacht aufwachen und andere Reisende wecken. Jedoch bleibt die Sorge unbegründet: Bastian und Felix schlafen fast 12 Stunden am Stück. Wir sollten öfter auf einen Berg laufen…
Die erste aber nicht letzte SAC-Wanderung
… und das wollen wir auch. Auch mit ein paar Tagen Abstand sagten beide Kinder, dass ihnen die Bergwanderung und die Übernachtung auf der Hütte supergut gefallen habe und dass sie auf jeden Fall «nochmal in einer Hütte schlafen wollen.» Unsere erste SAC-Wanderung war also bestimmt nicht die letzte. Familienferien in den Bergen sind toll und lohnen sich für Alt und Jung.
Buchtipps zu SAC-Wanderungen
Verschiedene Autoren beschäftigen sich mit Bergwanderungen mit Kindern. Diese drei Bücher sind besonders lesenswert.
Erlebniswanderungen Schweiz: Der Autor beschreibt über 40 Touren und Wochenendausflüge und beschreibt Wege auf zu familienfreundlichen SAC-Hütten und kindgerechten Klettersteigen.
Jochen Ihle, Erlebniswanderungen Schweiz
Wanderpapa – Familiengeschichten vom Wanderweg: Brennnessel angefasst, eine Schramme am Knie oder in der Bergbeiz ist das Glacé ausgegangen. Der «Wanderpapa» beschreibt, wie er diese und andere Situationen gemeistert hat und familiengerechten Wanderweg ausmacht.
Frischluftkinder Schweiz 2: Insgesamt 32 Wandertouren zu Hütten werden beschrieben und warten darauf, von Familien erkundet zu werden.
SAC-Hütten in anderen Regionen
Die Sektionen des Schweizer Alpen-Clubs SAC betreiben derzeit 153 Hütten mit rund 9000 Schlafplätzen. Eine kleine Auswahl für Übernachtungen mit der Familie:
Chamanna d’Es-cha (GR)
Die Hütte ist von Zuoz GR aus in rund 3 Stunden zu erreichen. Oben angekommen, bietet die im Jahr 2020 nach Umbau neu eröffnete Hütte einen wunderschönen Blick über das Engadin und die Bernina-Gruppe.
Glattalphütte (SZ)
Die frisch renovierte Hütte ist vom Bisisthal in der Gemeinde Muotathal aus in rund zweieinhalb Stunden zu erreichen. Bei müden Beinen kann für auch die Seilbahn «Sahli-Glattalp» genutzt werden.
Capanna Piansecco (TI)
Die umgebaute, komfortable Hütte liegt im Val Bedretto. Sie ist vom Dörfchen Bedretto aus in rund zwei Stunden zu erreichen und liegt am Bedretto-Höhenwanderweg vom Gotthard- zum Nufenenpass.
Spitzmeilenhütte (SG)
Die auf zahlreichen Wegen zu erreichende Hütte liegt in den Flumserbergen. Zustiege sind zum Beispiel ab der Bergstation Maschgenkamm (2.5 Stunden), ab Prodalp (3.5 Stunden) oder Murgsee (5 Stunden) möglich.
Windegghütte (BE)
Höhepunkt auf dem Weg zur Hütte ist die 100 Meter hohe Hängeseilbrücke über dem Triftsee. Der familientaugliche Wanderweg führt in gut zwei Stunden von der Bergstation der Triftbahn zur Hütte.
Ich packe meinen Koffer...
- Hüttenschlafsack: Gehört zu jeder Übernachtung in der SAC-Hütte. Meistens können Hüttenschlafsäcke vor Ort gemietet oder gekauft werden, unbedingt nachfragen.
- Rucksack: Ohne einen bequemen Rucksack werden Auf- und Abstieg von der Hütte zur Qual. Beim Probetragen das Gewicht nicht vergessen.
- Trekkingjacke: Für Kinder und Erwachsene ist eine leichte, platzsparend verstaubare Jacke Pflicht, idealerweise ist sie regenabweisend bis zu einer Wassersäule von 10’000 mm.
- Stirnlampe: Früh losgehen, spät ankommen – kann auf einer Hüttenwanderung passieren. Deshalb empfiehlt es sich, immer genügend Licht dabeizuhaben.
- Funktionswäsche: Wer sich im Schichten-Prinzip kleidet, bleibt warm und trocken. Leichte und weiche Unterwäsche aus Polyester ist angenehm zu tragen und trocket schnell.
- Schuhe: Gute, trittsichere Schuhe sind auf einer SAC-Tour das A und O. Wenn sie darüber hinaus leicht sind und die Füsse auch bei Regen trocken bleiben, umso besser.
Autor & Fotos: Reto Vogt
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