Schulanfang

Experteninterview: Der erste Schultag

Wie bereiten Eltern ihre Kinder am besten auf den ersten Schultag vor? Lies hier die Tipps der Primarlehrerin Carolin Hauter und erfahre, worauf es beim Schulanfang ankommt.

Carolin Hauter (37) unterrichtet seit acht Jahren an der Schule Ruggenacher 1 in Regensdorf ZH, die 2017 vom Verein Schweizer Schulpreis als besonders innovativ und zukunftsorientiert ausgezeichnet wurde.

Carolin Hauter
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Carolin Hauter

Primarlehrerin

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Was beschäftigt Kinder vor dem ersten Schultag? 

Kinder ohne ältere Geschwister haben keine Ahnung, was sie in der Schule erwartet. Die meisten Kindergärtler wissen zwar, dass sie dort lesen und rechnen lernen werden. Aber es sind die Eltern und das Umfeld, die sagen: «Jetzt wird es ernst!» Oft sind die Eltern am ersten Schultag viel aufgeregter als die Kinder selbst. Diese freuen sich nämlich meistens auf die Schule.

Was, wenn mein Kind noch nicht lesen und schreiben kann, andere aber offenbar schon? 

Das ist völlig in Ordnung, es ist unsere Aufgabe, dies den Kindern im ersten Schuljahr beizubringen. Kinder mit älteren Brüdern oder Schwestern können oft schon lesen und schreiben, weil sie zu Hause viel mitbekommen. In diesem Fall muss die Lehrperson reagieren und ihnen andere, spannende Aufgaben geben.

Was, wenn man Schlechtes über die Lehrperson gehört hat?

Erstmal gelassen bleiben. Auf keinen Fall etwas vor dem Kind sagen und ihm so die Chance geben, der Lehrperson unvoreingenommen zu begegnen. Vielleicht läuft es ja prima in der Schule. Falls nicht, empfehle ich Eltern, früh das Gespräch zu suchen, damit sich die Fronten nicht verhärten.

Wie sollten Eltern Kinder auf den Schulweg vorbereiten?

Unser Ziel ist es, dass Kinder den Schulweg bald selbständig gehen können. Es ist sinnvoll, wenn Eltern ihn mit den Kindern zuvor einige Male ablaufen. Auch können Eltern ihre Kinder daran erinnern, was ihnen der Verkehrspolizist im Kindergarten vermittelt hat. Und sich informieren, ob Nachbarskinder denselben Schulweg haben.

Erstklässler lernen in der Schule und im Hort viele neue Kinder kennen – wie können Eltern ihnen helfen, ihren Platz zu finden?

Wichtig ist, dass die Eltern dem Kind Selbstsicherheit vermitteln. Ihm sagen, dass es Zeit braucht, Freunde zu finden, und dass es nicht schlimm ist, wenn es mal alleine spielen muss. Ebenfalls lohnt es sich nachzufragen, wen das Kind besonders mag, und ein Treffen zu Hause vorzuschlagen. 

Welche anderen neuen Herausforderungen bringt die Schule im Gegensatz zum Kindergarten mit sich?

Eine grosse Herausforderung ist, dass die Kinder weniger Zeit zum Spielen haben und weniger selbst entscheiden können, was sie tun möchten. Auch wenn heutzutage nicht mehr so viel frontal unterrichtet wird, müssen die Kinder doch länger als im Kindergarten am Platz sitzen und sich über eine längere Zeitspanne konzentrieren. 

Was tun, wenn das Kind nach dem ersten Schultag nicht mehr hingehen will?

Nachfragen, ob etwas passiert ist oder ob sich das Kind überfordert fühlt. Schnell das Gespräch mit der Lehrperson und dem Kind suchen. 

Wie sollen sich Eltern bezüglich Hausaufgaben verhalten?

Wir empfehlen, dass Kinder die Hausaufgaben selbständig machen. Sind sie zu schwierig oder zu einfach, muss die Lehrperson das wissen, um darauf reagieren zu können. Ein ruhiger Arbeitsplatz ist auch wichtig für die Kinder. Das kann ein eigener Schreibtisch im Kinderzimmer sein, ein Plätzchen am Küchentisch oder auf dem Wohnzimmerteppich. Entscheidend ist, dass das Kind ungestört arbeiten kann und sich wohl fühlt. 

Viele Eltern sorgen sich, ihre Kinder könnten dieselben schlechten Erfahrungen in der Schule machen wie sie. Wie sollen Eltern mit diesen Ängsten umgehen?

Sie sollten sich zurückhalten und versuchen, eigene Ängste nicht auf ihr Kind zu übertragen. Es ist wichtig, dass Kinder die Schule selbst erfahren. Sind die Ängste der Eltern gross, stehen Lehrpersonen gerne für ein Gespräch zur Verfügung.

Weitere hilfreiche Tipps von Lehrpersonen

Esther Amberg, 5./6. Klasse, Köniz (BE): 

  1. Eltern dürfen grundsätzlich davon ausgehen, dass auch wir Lehrerinnen das Beste für ihr Kind wollen und nicht nur sie.
  2. Eltern sollen ihren Kindern eine positive, offene Haltung gegenüber der Schule und Bildung vermitteln. In der Schule muss man auch mühsame Dinge erledigen, um weiterzukommen. Dem Kind hilft es nicht, wenn Eltern seinen Frust immer gleich teilen und schnell das ganze Schulsystem abwerten.  
  3. Eltern sollen sich nicht nur bei negativem Feedback melden, wir Lehrerinnen und Lehrer nehmen auch gern positive Rückmeldungen entgegen. Und wir könnten uns auch öfter bei den Eltern melden und Erfolge des Kindes mitteilen.  
  4. Lernt ein Kind zuhause, die eigenen Bedürfnisse zurückzustecken, hilft das dem Kind, der Klasse und der Lehrperson. Eltern können ihre Kinder damit auf das Zusammenleben in einer Gemeinschaft vorbereiten.

Petra Baumann (33), Herisau (AR):

  • "Lassen Sie Ihr Kind seinen eigenen Weg gehen. Begleiten und bestärken Sie es dabei."

Rebecca Schmid (34), Zürich (ZH):

  • «Ich wünsche mir, dass Eltern mir vertrauensvoll und mit einer kooperativen Haltung begegnen. So kann ich die Kinder in ihrer Entwicklung stärken.»

Markus Baumann (36), Herisau (AR):

  • "Denken Sie daran: Früher war nicht alles besser. Die Schule spiegelt die Gesellschaft, die sich stets wandelt und neu erfindet."

Wie bereiten Eltern ihre Kinder am besten auf den 1. Schultag vor?

  • Positiv über die Schule sprechen, ohne zu dramatisieren. (Kein «Jetzt beginnt der Ernst des Lebens!»)
  • Zusammen Bücher anschauen, die den Schulbeginn thematisieren.
  • Gemeinsam den Schulweg ablaufen.
  • Kleine Ausflüge zum Schulhaus unternehmen und auf dem Pausenplatz spielen.
  • Gemeinsam einen Thek aussuchen.
  • Den ersten Brief der zukünftigen Lehrperson gemeinsam lesen und aufhängen.

Praktisches für den Schulanfang

Fotos: Getty Images / zVg Carolin Hauter

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